"Mitte Season 3" ist im Dezember 2022 oder Januar 2023. Das sind 13 oder 14 Monate nach Release. Erst nach über einem Jahr erhalten wir eine seit über 20 Jahren bewährte, beliebte und sinnvolle Spielmechanik zurück. Man weiß ehrlich gesagt nicht, ob man sich daran erfreuen sollte oder nicht.
Lasst uns alle ganz kurz inne gehen und folgendes reflektieren: ein AAA-Studio mit über 20 Jahren FPS-Erfahrung und einem hohen Prestige kann es sich leisten, elementar wichtige Spielmechaniken in nur einem Battlefield-Spiel nahezu komplett zu entfernen. Über zwei Jahrzehnte gesammeltes Wissen einfach für die Tonne. Nur nach großen Protesten und Shitstorms lenkt dieses Unternehmen um 180° ein und baut endlich viele "legacy features" ein bzw. zurück. Es begann alles mit einem fehlendem Scoreboard: komplett neugestaltet. Kommunikationsmöglichkeiten waren sehr eingeschränkt und dann: VoIP und Chat zurück. Statistiken komplett fehlend: irgendwann wurden ein paar Excel-Zeilen in der UI hinzugefügt. Niedrige Auswahl an Waffen: aus Portal importiert. Und dann das: Klassensystem. Jeder echte Battlefieldfan (gemeint sind nicht: Casualspieler mit 50 Std. Spielzeit) weiß um Sinn und Wert dieser Funktion. Das fehlende Klassensystem in Bugfield 2042 ist und bleibt eines der größten Fehler von DICE, die es je machen konnte. Es gab und gibt keinen Grund, dieses Feature zu entfernen. Da braucht mir kein CoD- oder Fortnite-Liebhaber etwas anderes weismachen. Es bleibt fester Bestandteil der Battlefield-Spielidentität.
Und doch finde ich keine lobenden Worte zum "neuen alten" Klassensystem. Man merkt den DICE-Entscheidern sehr an, dass sie krampfhaft versuchen, die Spezialisten und ihre Fähigkeiten in "Kategorien" namens Klassen einzuteilen - und es letztlich nur über Kompromisse funktioniert. Nicht jeder Spezialist passt in eine der vier Klassen haargenau rein. Deswegen bemüht sich DICE, zu jedem Spezialisten eine "Geschichte", ein "story telling", zu erzählen, damit der Eindruck entsteht: genau wegen Fähigkeit/Ziel/Anspruch X passt Spezialist Y in Klasse Z. Beste Beispiele: Crawford und Irish. Beide Charaktere passen nie komplett in ihre neue Rolle im Klassensystem. Beide Personen müssen ihre Fähigkeiten teilweise neu priorisieren oder ändern. In früheren BF-Teilen waren die Spielfiguren "gesichtslos" und so entfiel die ewig lange und komplizierte Suche nach einer "Klassenidentität".
Ohne die Spannung wegzunehmen, prophezeie ich: nach der Season 3 wird es noch viele weitere Änderungen zur Klasseneinteilung der Spezialisten geben, weil nie ein "optimaler" Zustand erreicht werden kann. Dafür müssen zu viele Kompromisse eingegangen werden. DICE wird weiterhin daran "arbeiten".
Sehr kritisch sehe ich die "Waffenklassen-Befähigungen". Der Scharfschütze hat mit seiner Sniper Vorteile, während der Sturmsoldat Nachteile in Kauf nehmen muss. Man beachte: es handelt sich um die gleiche Waffe! Warum wurde es so gemacht? Naja, weil DICE die Waffenfreiheit erhalten will, die - Überraschung - nicht Teil des richtigen Klassensystems ist. Ein dummer Kompromiss, dessen Auswirkungen wir noch gar nicht kennen. Schließlich fehlen uns die Infos, wie die Waffen in allen vier Klassen untereinander gebalanced werden (immer zum Nachteil mind. einer Klasse.) Ich ahne schlimmes.
Hätte sich DICE entschieden, ein "richtiges" Klassensystem auch bei den Waffen zu implementieren, müsste sich dieses Indie-Studio nicht monatelang den Kopf zerbrechen, wie seine Schachfiguren auf dem Spielfeld aufgestellt werden sollen. Ich bin weiterhin der Meinung, dass dieser Weg mit den Spezialisten der falsche für die BF-Spielreihe ist und nur der Profitmaximierung geschuldet ist. Es geht nur um's Geld. Dafür opferte EA/DICE auch das letzte Stück Seele aus Battlefield und versucht es nun - nach über einem Jahr nach Release - wiederzubeleben. Ich hoffe sehr, dass dieses Unternehmen beim nächsten Battlefield nicht dieselben Fehler macht.