0 Neuanfang … …………………………………………………………………………………………………………………………………………….. Danke für die Erfahrungen und Kenntnisse, die ich im RPG sammeln durfte. Nach einer kurzen rauschhaften Zeit gehen die Geschichten um Lotta und Co. hier in 🌺 HERLAND weiter - ein Stück weit im Crossover mit den 📜 WiWo News. Wer weiß, vllt. mengt sich irgendwann sogar noch ein wenig P. mit rein 😏 …
Hier in HERLAND bitte keine Kommentare. Wenn, dann lieber per PN … oder auch gerne in den WiWo-News (siehe Signatur) oder auf dem Discord Server. Dort ist alles auch als PDF hinterlegt. Zugang zum Discord Server auf Anfrage per PN.
„Und du erinnerst dich tatsächlich an all deine früheren Leben?“ – „Jupp!“, grinst Merlin breit, während er weiter in dem Buch Band vor sich blättert. „Mhm!“, grübelt Malecantus laut, ohne sich auf seine Lektüre konzentrieren zu können. Sie sitzen in einer der Fensternischen der beeindruckenden Klosterbibliothek. „Und du wirst immer wieder hier … in diesem Kloster … abgelegt … als Findelkind?“, bohrt der Magier weiter. „Genau!“ Der schmunzelnde Merlin hebt nicht mal die Augen von den Buchseiten dabei. Er hat entdeckt, dass es ihm Spaß macht, Gregorius ein bisschen zappeln zu lassen und aufzuziehen. „Von wem?“, verlangt der nun zu wissen. „Keeeeeiiine Ahnung!“, die lakonische Antwort des Zauberlehrlings. Wieder ein breites Grinsen.
„Bitte erklär’s mir!“, fordert Malecantus nun langsam verärgert den jungen Mann an seiner Seite auf und sticht ihn dabei mit dem Finger in die Seite. „Ups!“, entfährt es dem etwas kitzeligen Merlin, der versucht seitwärts auszuweichen. Das ist dem Magier Aufforderung genug, jetzt erst recht loszulegen. Beide Hände greifen nun beherzt zu und zwicken und zwacken das nunmehr prustende Bündel, bis es um Gnade winselt: „Hör auf, hör auf!“, stöhnt Merlin lachend, wird aber weiter an den Seiten kräftigt durchgewalkt und zu Boden gerungen.
Am Ende thront Malecantus erhoben über ihm und knebelt Merlins beide Hände mit seinen fest an die Erde: „Ergibst du dich?“ – „Liebend gern!“, haucht Merlin mit Kussmäulchen hoch und nutzt einen kurzen Moment sinnlicher Unachtsamkeit seines Bezwingers, um die Rollen umzudrehen. „Rollentausch nennt man das!“
„Rolle rückwärts nenn ich das!“, kontert Malecantus und mit einem Schwung landen beide … im Blumentopf. „Autsch!“, schreit der eine. „Oh weh!“, der andere. „Ich bin zu alt für diesen Scheiss ?!“ Lachend liegen die beiden Männer auf dem Rücken nebeneinander. Eigentlich suchen sie immer nur einen Grund für feine Kabbeleien …
„Nun aber mal ehrlich!“, rollt sich Gregorius auf die Seite, stützt den Kopf auf die Hand und schaut auf seinen Geliebten herab. „Wie kann es sein, dass du dich einerseits erinnerst, wer du bist, aber das ganze Zaubern neu erlernen musst und keinen der Sprüche und Tränke mehr draufhast?“ Merlin seufzt leicht auf: „Wenn du was wissen willst, gibt’s du keine Ruh‘ oder?“ – „Genau!“, bestätigt nun der Magier seinerseits breit grinsend und haucht Merlin einen Luftkuss zur Besiegelung seiner Unerbittlichkeit zu. „Gut!“, beginnt der Zauberlehrling seine Erklärung. „Es gibt Aufzeichnungen, die ich selber anfertige, … mir quasi als Nachlass vermache und hier im Kloster zurücklasse. Etwa ab dem dreiundzwanzigsten Lebensjahr nach Wiedergeburt beginnen die … Visionen und ich weiß, wonach ich suchen muss. Nach dem Buch …“, Merlin weist auf den Buch Band hin, der seinen Händen entglitten war, „… und einem ‚Lehrherren!‘ Und da lese ich dann alles nach, was ich einst schrieb!“
Nachdenklich kaut der Magier auf seiner Unterlippe herum. „Es war also an der Zeit gewesen …, einen Magier zu finden, der dich erneut lehrt!“, stellt er nüchtern fest. „Und davor … hast du nicht die leiseste Ahnung …, wer du bist.“ Merlin nickt. „Und die Version meiner Geschichte halte ich für alle Uneingeweihten aufrecht, auch nachdem ich es … wieder weiß - nicht zu wissen, wer ich bin!“ – „Ahhh!“, entfährt es dem großen Magier. „Geschickt, geschickt!“ So etwas verdient seine Hochachtung. „Also bin nicht nur ich ein Meister im Verbergen wahrer Identität!“ Wieder nickt Merlin grinsend zu Gregorius hoch.
„Warum hast du dich mir erst jetzt offenbart …?“, will Malecantus nun doch wissen. „Na, wie du weißt, kam einiges … dazwischen!“, lautet Merlins kecke Antwort. „Mein vorwitziger Bursche …“, neckt Malecantus daraufhin gutmütig seinen Lehrling, „… ich war nicht gleich deine erste Wahl! Aber … niedliche Katzen hatten sie und ihre Freundin. Zwischendurch dachte ich sogar … du tust dich noch mit Lotta gemein … gegen mich!“ Gregorius ist nicht sonderlich eifersüchtig. Er hat sich früher schon selten mit nur einer Liebe zufriedengegeben. Und Merlin folgt ihm nun auf diesen Weg – von Blume zu Blume – wie ein Schmetterling. Was hatte der Magier ihm vermittelt vor dem Festival? Nimm‘s nicht zu ernst!
„Nächste Frage …“, fordert Malecantus den ehemaligen Klosterschüler nun weiter heraus. „Wenn du dir alles aufschreibst über die Jahrhunderte …, warum nicht auch die Tränke und Sprüche?“ - „Oh, tue ich doch. Trotzdem muss ich ja jedes Mal alles wieder von vorne durchlesen, mühsam erlernen. Nicht zu vergessen, die praktische Übung … Das alles ist anstrengend zu lernen, vor allem … allein. Und bis zu dem letzten Wissen kam ich ja nie … wie ich dir schon sagte. Ich lebte nie lang genug.“ Die letzten Worte trägt Merlin fast trotzig vor. Malecantus schweigt einen Moment betroffen, bevor er diese Nachfrage wagt: „Warum … bis du nie lang genug auf Erden?“ – „Ha, wenn ich das wüsste. Kam wohl nicht dazu, es aufzuschreiben!“, ätzt Merlin rum. Tatsächlich hat er keine echten Erinnerungen, nur die im Laufe der Jahrhunderte erweiterten Notizen und diese kurzen Visionen … zum ‚Erwachen‘.
Gregorius schnappt sich das besagte Buch, blättert auf der Seite liegend darin eine Weile rum. „Das ist aber keine tausend Jahre alt!“ Merlin lupft belustigt eine Augenbraue. „Na, ich habe in Modernisierung investiert. Was denkst du wohl. Die letzte Ausgabe habe ich in der Klosterdruckerei gefertigt. Ansonsten wäre doch schon alles völlig vergilbt und zu Staub zerfallen. Die ersten Unterlagen waren wahrscheinlich nur ein paar Pergamentrollen …“ Der Magier blättert weiter, zeigt mit dem Finger auf eine Zeichnung. „Hast du das schon studiert?“ Merlin schüttelt den Kopf. „Das Buch kenne ich doch erst seit einem Jahr … in diesem Leben und … hab mich dann auf die Suche gemacht. Nach einem wie dir. Die Texte selber bleiben zur Sicherheit immer hier, gut verwahrt auf der Insel.“
Einiges geht Malecantus noch durch den Kopf, währen er sich im Schneidersitz aufsetzt. Auch Merlin richtet sich nun in sitzende Position auf: „Was möchtest du noch wissen, Gregorius? Du schaust so fragend.“ Der Magier sieht Merlin noch eine Weile schweigend an ...: „Wo sind die Nonnen, die dich hier aufgezogen haben sollen? Wo sind die anderen Klosterzöglinge? Wieso … ist dieses ganze Gebäude … leer?“ Ein feines Lächeln umspielt Merlins Mundwinkel: „Schau mal ganz hinten rein … Der Umschlag.“ Gregorius findet tatsächlich hinten beim Einband eine Art Brief, den er öffnet und … erstaunt liest, fast schreit er auf: „Du bist … w a s? Der Eigner dieser Insel? Wie …? Was …? Bist du … ein reicher Krösus?“ – „Schön wär’s …“, lächelt Merlin leicht, „… aber … Nein! Beziehungsweise, mein ganzer Reichtum basiert auf dieser Liegenschaft. Barvermögen habe ich … null! Na ja, ein bisschen habe ich auf die Seite gelegt. Lottas Liefervertrag mit dem Restaurant hat schon ein Wenig abgeworfen.“ Hach Lotta! Ein bisschen hätte das ruhig noch weiterlaufen dürfen mit dem Früchtehandel. Einen Moment ist Merlin ganz in sich gekehrt und auch Gregorius schweigt ‘ne Weile in Erinnerung an den Rotschopf.
„Wir werden sie irgendwann wiedersehen, bestimmt!“, versucht jetzt mal Gregorius zur Abwechslung mehr Zuversicht zu verströmen als er tatsächlich verspürt. Warum hat sie niemandem gesagt, wo sie genau hingeht? Was für ein Wahnsinn mit dem kleinen Kind. Dieses eigenwillige Ding. Immer mit dem Kopf durch die Wand, nur nie Grenzen akzeptieren … Sacht streicht er Merlin über beide Schultern.
Sich langsam wieder fassend greift Merlin den Faden wieder auf. Nimmt sich nun seinerseits des Buches seiner Aufschriebe aus früheren Zeiten an, blättert versonnen darin herum. „Ich wurde scheinbar nie älter als … Achtundzwanzig!“ Geschockt blickt ihn der ausgebildete Magier an, wird sich nochmal bewusst, dass auch Merlin nun von seiner Art ist, wenn auch … der Lernende: „Das wären ja … nur noch vier Jahre! Du hattest nie länger Zeit als vier Jahre, um die Magie zu studieren? Das reicht ja wahrlich nicht, um alle Stufen zu durchlaufen!“ Merlin zuckt die Schulter und blickt vom Buch auf, direkt Gregorius ins Gesicht: „Vielleicht … ist es ja immer der Lehrmeister, der mich nie länger verweilen lässt …!“ Der augenblickliche Lehrherr schluckt schwer, weiß nicht, was er dazu sagen soll.
Merlin fährt ruhig fort: „Hier stand nicht immer ein Kloster. Ganz zu Beginn etwa um das siebte Jahrhundert herum war es nur eine Grotte in einem heiligen Hain mit einigen Megalithen darin. Nach und nach fanden einzelne Konvente durch die Jahrhunderte den Zugang, bauten erst romanisch, dann ein bisschen gotisch, zuletzt flickte die Renaissance an den Fassaden …, erhielt aber hauptsächlich den romanischen Stil. Auf jeden Fall habe ich irgendwo in der Zeit zwischen Achtzehn und Neunzehnhundert nicht nur die Insel, … die irgendwie schon immer mein oder auch Niemandsland war, … sondern auch das Gebäude darauf erworben. Muss irgendwie im Industriellen Zeitalter gewesen und ich in der Gründerzeit wohl zu etwas mehr Geld als sonst gekommen sein. Ich war wohl zuweilen von Zeit zu Zeit immer mal … ganz geschäftstüchtig.“ Ein kleines Grinsen kann Merlin sich nicht verkneifen als er Malecantus zweifelnden Blick sieht. Der hört weiterhin nur still zu, noch die erste Aussage am verdauen … mit dem Lehrmeister, der möglicherweise seinem Schüler nur so ein kurzes Leben beschert. Sollte das tatsächlich so sein? Gregorius kann sich nicht vorstellen, dass er …
Andererseits. Wer weiß, ob Merlin seine Lehrmeister aus einem noch nicht ganz bekannten Grund … selber soweit treibt! Ein leichtes Frösteln läuft dem achthundertfünfzigjährigen Magier über den Rücken, wenn er bedenkt, dass sein Lehrling gar sechshundert Jahre länger auf der Erde stetig wiedergeboren wird wie er bereits lebt und dass er … für dessen Ende in vier Jahren verantwortlich sein könnte ... Wenn er nur rechtzeitig den Trank des Alterungsstopps …
„Mussten sie gehen als du den Brief gezückt hast?“ Plötzlich ist Malecantus klar, warum die Nonnen und Zöglinge alle fort sind. Merlin nickt nur leicht. „Sie sind im Moment in einem Konvent auf dem Festland, warten aber diese Anlage für mich, wenn ich unterwegs bin und dürfen dafür die Bibliothek nutzen und im Garten ernten. Sie ‚erobern‘ sich das Kloster aber jedes Mal von Neuem, wenn ich ‚gegangen‘ bin, weil es nie Erben gibt … bis ich wieder alt genug bin, es mir zurück zu holen.“ Merlin schmunzelt ein wenig über dieses klösterliche Wechselspiel vor sich hin.
„Jetzt kommen dreimal die Woche einige der älteren Schwestern rüber. Die, die sich trauen. Anderen wurde ich … zu unheimlich!“, berichtet der ehemalige Klosterzögling weiter. „Du! Zu unheimlich?“, fragt Gregorius verwundert. „Der netteste Knabe, der mir je begegnet ist. Ja, wenn sie sich vor mir fürchten würden …!“ Er schnauft kurz aus. „Ach was soll’s. Vor mir fürchtet sich auch niemand!“ – „Stimmt!“, lacht nun Merlin erheitert. „So wie du bei diesem Vampir geflüchtet und auch sonst immer ganz schön auf der Hut bist …“ Gregorius muss ins Lachen einstimmen: „Ja, als ich befürchtete, die Hausherrin schleppt Verstärkung von Ihresgleichen an, um mich dingfest zu machen. Dabei hatte sie nur lecker Essen besorgt. Genau aus dem Lokal ihres Bruders, dass du und Lotta später beliefert haben.“ Beide Magier schütten sich nun vor Lachen aus als sie daran denken wie Malecantus flink wie ein Eichhörnchen floh.
Zwischen Lachtränen vergisst Merlin aber dennoch nicht, dass es vielleicht genau dieser Mann an seiner Seite sein könnte, der ihm eines nicht allzu fernen Tages vielleicht … das letzte Lachen nimmt. Wer sonst außer den Lehrmeister könnte es wiederkehrend gewesen sein? Merlin weiß es einfach nicht. Es passt aber so gar nicht zu Malecantus … Er hofft, dass es der Geliebte nicht sein wird, der ihm das Ende bereitet und schiebt den Gedanken lieber beiseite. Das Buch gibt darüber keinerlei Aufschluss …
Merlin schlägt nochmal die ersten Seiten auf, während er leises Schnorcheln nebenan im Schrein vom Lykoi-Kater hört. „Ist es nicht erstaunlich, dass diese Zeit beginnender Christianisierung und das ganze Mittelalter oft als Dark Ages bezeichnet wird?“ - „So dunkel war’s da gar nicht!“, erinnert sich Malecantus, selber im 13ten Jahrhundert geboren. „Aber diese Christen waren mir nie sehr zugeneigt … auch in späteren Jahrhunderten nicht.“Ebenso wenig wie Vampire oder die eigene Zunft, nur weil man einem dieser Blutsauger mal freundlicherweise was aus dem Magischen Reich überließ ...
„Was für eine Ironie, dass dich die letzten Jahrhunderte immer wieder Nonnen großzogen …“ Gregorius schmunzelt den ‚jüngeren‘ Mann an. „Ja, nicht wahr?“, lächelt der zurück. „Sie wissen nicht, was wir genau sind. Halt dich also zurück, wenn sie hier im Garten graben und ernten.“ - „Mach ich doch immer – Zurückhaltung üben!“, drückt Gregorius Merlin verschmitzt einen Kuss auf die Lippen, um dann als nächstes zu fragen: „Was machen wir eigentlich mit unserem … neuen Wanderarbeiter?“
Merlin umfasst seinen Geliebten, zieht ihn mit sich hinab. „Schauen wir nach ihm, wenn ich mit dir fertig bin!“ Ja, der Gute kann ruhig noch ein wenig alleine schuften und die Manege ausfegen. Merlin und Malecantus sind schwer beschäftigt …
„Warst du schon mal im Magischen Reich?“, murmelt Gregorius dicht an Merlins Lippen. „Da bin ich gerade!“, haucht Merlin ihm entrückt entgegen.
„Keine zehn Pferde bringen mich dorthin zurück!“, wettert Moema gerade ihren Enkel Achak an. „Das kannst du dir abschminken. Farsane versorgt mich vorzüglich. Ich hab‘ … meine eigene Pflegerin immer dabei. Siehst du!“, weist die Seniorin auf ihre Begleiterin hin. Verlegen mit leicht nach innen gedrehtem Fuß, die Hände auf dem Rücken ineinander verschlungen windet sich die gerade gepriesene Pflegefachkraft vor dem Verfolger der zwei ‚flüchtigen‘ Frauen.
Munter plauschend mitten in der Prärie bei einem lustigen Lagerfeuer hatte er sie endlich entdeckt – unendlich erleichtert wie auch teuflisch wütend zugleich. Achaks Blick ist … alles andere als freundlich auf die ehemalige Altenpflegerin der Schattigen Pinie gerichtet. „Was hast du dir dabei gedacht, Farsane! D u warst verantwortlich für sie!“
Dass man Moema nicht mehr Eigenverantwortung zugestehen sollte, scheint aus Achaks Sicht klar. Die Seniorin ist erbost: „Glaub ja nicht, dass du mich nicht mehr anhören musst. So senil bin ich nämlich gar nicht wie alle Welt glauben mag. Das Einzige was ich mir gönne, mein lieber Enkelsohn, ist … Narrenfreiheit! Das darf man in meinem Alter! Und hör‘ jetzt sofort auf, Farsane so zuzusetzen. Das hat sie nicht verdient!“ Moema stampft nachdrücklich mit dem Fuß auf, scharrt wie ein Büffel im hohen Gras. „Sei nicht so ein Hornochse und stoße ins gleiche Horn wie all die anderen. Willst du später mal so enden? Eingepfercht, ständig bewacht?“ Achak erhebt beschwichtigend die Hände. So grimmig hat er seine Moema noch nie erlebt. „Ich dachte, du mochtest dort die anderen älteren Herrschaften … Waren sie nicht alle nett zu dir?“
Moema stiert Achak einen Moment wie ein Jungbulle an und schnauft: „Natürlich, wir hatten Spaß zusammen, sogar noch einiges vor. In diesen Zirkus gehen …, aber …!“, hebt sie jetzt belehrend einen Zeigefinger und schwingt ihn dicht vor Achaks Nase durch die Luft. „Der Zirkus kommt her und Farsane und ich gehen ihn besuchen, … ohne dass mir jemand die ‚Erlaubnis‘ dazu gewährt! I c h …“, weist sie nun mit dem Finger auf sich, „… entscheide ganz allein, wann und wohin ich gehe. Punkt und drei Mal Ausrufezeichen!!!“ Farsane hat bisher lieber nichts gesagt, blickt nur vorsichtig zwischen diesem Kampf-Duo hin und her!
So ganz lässt sich der Enkel der agilen älteren Dame aber nicht wirklich von deren sturem Auftreten einschüchtern. „Lass uns erstmal in Ruhe ans Feuer setzen und Palaver halten wie es weitergehen soll, Moema.“, befiehlt Achak streng. Farsane plumpst augenblicklich brav nieder in Schneidersitz und beobachtet weiter stumm diesen ‚Kriegsrat‘ der beiden. Ein Wort gibt das andere und am Ende … ist Moema recht wortkarg. Sie scheint wohl aufgeben zu müssen …
Was aus ihr als Ex-Pflegekraft werden wird, weiß Farsane im Moment nicht. Ihr wird recht bang. Nach Persien zurückkehren? Wie beschämend, nachdem sie losgewandert war, um sich andernorts beruflich mit einer guten Qualifizierung, die es in ihrer Herkunftsregion nicht gab, für den Pflegebereich zu etablieren. Wenigstens will Farsane Schadensbegrenzung versuchen, Moema gut zureden und die Rückkehr schmackhaft machen: „Erinnerst du dich nicht an das Hufeisenspiel mit Ambrosius und oder die netten Teenachmittage mit Aidaria? Und all die anderen? War es nicht schön gewesen?“ Traurig blickt Moema auf und ihr Blick drückt nur aus ‚auch du, Farsane?‘ Betroffen schaut die ehemalige Pflegerin zu Boden.
„Natürlich, es waren freundliche Mitbewohner und ich vermisse ihre Gesellschaft auch und es wäre schön gewesen, zusammen in den Zirkus zu gehen. Ihr habt ja recht …“ Moema seufzt schwer. Sie waren lustig, freundlich, unterhaltsam … Aber das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Sie können gerne alle vorbeikommen, wenn der Zirkus hier gastiert. Aber Moema wollte sich nicht länger in der eigenen Freiheit beschneiden lassen … Dann hat sie manchmal eben Gedächtnisausfälle! Und wenn schon …Kein Grund, einen ständig bewachen zu lassen …
„Na gut …“, lenkt Moema endlich ein, „… trinken wir noch einen letzten Tee am Lagerfeuer, Achak? Ich erzähle auch noch ein paar lustige Geschichten aus dem Altersheim wie Farsane und ich ausbüchs… äh, mit Aidaria und den anderen im Thermalbad baden gingen. Gerne gebe ich auch noch ein paar alte Mythen in Tüten aus der Prärie zum Besten als Bison und Büffel noch den Erdboden erzittern ließen ...“ Mit herzallerliebstem Augenaufschlag bedenkt die Seniorin ihren Enkel. Wann ist er eigentlich so … knöchern und obervernünftig geworden? Freundlich reicht ihm die alte Dame eine Tasse rüber. „Auf die alten Geschichten!“, erhebt sie ihren Becher und prostet den beiden anderen am Feuer zu.
Nach und nach lullen Moemas Geschichten Achak sanft ein, während er den heißen würzigen Tee genießt. Tut gut in der langsam einsetzenden Kälte der Prärie. Er setzt den Becher ab … Nur einen Moment zurücklehnen ... Es war heut‘ eine lange Fahr……….zzzzzZZZZZZ. Horden von zotteligen gehörnten Wesen durchstreifen seine Träume. Moema hat immer … einiges an Kräutern dabei neben … anregendem … Kaktus.
Farsane mit dem Becher in der Hand schaut erstaunt auf den fest eingeschlafenen Achak nieder. Sie ist im Gegensatz zu ihm … hellwach. Der Blick zu Moema zeigt ihr ein verschmitztes Grinsen der lebenslustigen alten Dame. „Der Gute schläft jetzt bis morgen früh, Farsane! Sattel die Pferde meine Liebe. Wir müssen weiter!“ Farsane schwingt nun vergnügt ihren Becher der der putzmunteren agilen Seniorin zum Anstoßen entgegen und tippt sich zum Abschiedsgruß an den Cowboyhut, den sie im kleinen Kolonialwarenladen neben dem ‚Wahlbüro‘ erwarb. „Howdy, Achak! Tut mir echt leid!“, kichert sie.
Was Moema Farsane wohl in den Tee tat? Vermutlich eine Portion verwegenen Mut.
3.6 - Ausloten der Untiefen ... Janus lässt grüßen ...
https://www.youtube.com/watch?v=ZOkH9_VXtH4
Missmutig fegt Tarek schon seit ein paar Stunden reingewehte Blätter aus der Manege. Immer wieder entwischt eines seinem Besen. Tanuí mag er sich selber schon lange nicht mehr nennen – Tanuí … Welten Verderber, Völkerzerstörer … Beim stetigen Wischen gleiten Erinnerungen durch sein Hirn, gaukeln ihm schöne Zeiten auf der Insel vor … Es war ja nicht alles schlecht, eigentlich doch schön … Wann hatte alles angefangen? Dass er sich so veränderte? Missgünstig wurde? Tarek hält mit dem Fegen inne, stützt das Kinn nachdenklich auf die über das Besenstilende gekrümmten Hände. Takatuka … Meine Insel, mein Kind …
Er hatte anfangs auch sie gemocht … Mae. Aber dann … Es wurde stetig enger zwischen den beiden Frauen und er fühlte sich immer mehr außen vor. Mae steuerte das, Mae war’s! Und dann noch sein Vater, der ihm eröffnete …, dass Lotta statt seiner … nachfolgen wird. Tareks Knöchel pressen sich fester um den Besenknauf in seinen Händen … Er war stets gewöhnt gewesen, zu bekommen was er wollte. Nichts versagte ihm sein Vater zuvor. Jedes Mädel, jeder Junge war ihm zugetan gewesen und er … hatte dieses blasse, rothaarige Geschöpf gewählt, das wild und … für die Insel exotisch … eines Tages daherkam … ein Kind noch … als sie dem Schiff entstieg.
Sie waren Spielkameraden in Kindheitstagen und in der Jugend kam … ein anderes Gefühl hinzu. Sie ist die Mutter seines Kindes … Sein Kind! Tarek sacken die Knie weg. Am Besenstil noch halbwegs klammernd, lässt er sich daran abwärts gleiten, bis er im Sand hockt und bitterlich weint … wie ein verlorenes Kind, … das seine Taten nicht fassen kann.
E r hatte Mae an die Piraten verraten … wohl ahnend, dass sie ihr schwer zusetzen werden, wenn sie sie wieder zu fassen kriegen. E r hatte Lt. Agnons Verheißungen gelauscht, als der ihm das erste Mal im Mondenschein am seichten Meeressaum bei leichter Sommerbrise begegnete. Diese Uniform, dieser aufrechte Habitus, die gewählten Worte hatten den jungen Tanuí beeindruckt – ganz anders als sonst die rohe ungewaschene Piratenmeute – die die Insel ab und an heimsuchte. Hier war jemand mit … Bildung, über die kaum jemand auf der Insel verfügte und er zeigte … mächtige Waffen, der schmucke Leutnant.
Was den Leutnant interessierte? Nun, zum einen die vorzüglichen Fertigkeiten, auf die sich der junge Inselmann verstand und die den Uniformierten so berauschten. Tanuí fühlte sich mächtig, schien der Leutnant doch Wachs unter seinen Händen zu sein, schwach zu werden wie zitterndes Espenlaub. Nur … suchte der Leutnant die Insel hauptsächlich wegen diesem Rotschopf, dessen Kind und ihren übernatürlichen Kräften heim. D a s sollte Tanuí jedoch damals nicht sogleich erfahren, wem und was das eigentliche Interesse galt, beziehungsweise welcher Angelegenheit. Er fühlte sich vom Leutnant wichtig genommen, einzigartig, im Mittelpunkt des Interesses …, das ihm gebührte, wie er glaubte.
E r war so blind gewesen. Blind vor Neid und blind … vor scheinbar ihm allein geschenkter Zuneigung, die wie Öl runterlief. Sie zeigten ihm die Wege auf wie Mae fortzuschaffen war, sie flüsterten ihm ein, wie ungerecht alles war … E r war empfänglich dafür gewesen und wies ihnen zuletzt sogar den Weg, Lotta und sein eigenes Kind abzusondern auf dieses letzte Schiff, um sie ihnen später zuzuführen, weil diese ‚Erste Ordnung‘, wie sie sich nannten, das Geheimnis der sonderbaren Kindheitskräfte zu erlangen trachtete und … einen Außenposten mit des Rotschopfs Hilfe.
Nur … hatte er es sich nicht so ausgemalt wie … sie dann vorgingen. Sein ganzes Volk ausgelöscht, sein eigener und Lottas Vater … niedergemacht! Nein, d a s war nicht sein Ziel gewesen. Warum sie es taten? Ganz einfach, weil sie es konnten …, ganz leicht und ohne jede Bedeutung für sie! Aber sie hatten m i r doch etwas bedeutet!
Sein Herz erstarrte damals weiter, versteinerte angesichts des Massakers, das er mit verursacht hatte. Nichts war ihm geblieben und er konnte nur noch ‚mit Wölfen heulen‘ …, um irgendwie weiterzuleben. Er versuchte sich einzureden, dass es das richtige war, nahm ihre Bildung, ihre Ausdrucksweise und ihre Missachtung alles Lebenden an … und … ihren Namen. Tarek!
Tareks Tränen versiegen langsam. Den Namen Tanuí hat er nicht mehr verdient. Ist er irgendwann von selber aufgewacht? Nein, sie mussten ihn erst rauswerfen … als nutzlos befinden, weil er wiederholt versagte … Er ist sich nicht sicher … Ist er jetzt so verzagt, w e i l er bei der Mission versagte und nicht mehr zu ihnen gehört oder weil er … s i e verriet und sein eigenes Kind?
Es war nicht geplant, dass er sich Lotta auf dem Festival näherte. Er wusste von dem Fluch des Magiers und seiner Auswirkung, dass Lotta sich nicht mehr an ihn, an Tanuí, den Vater ihres Kindes erinnern kann. Ok, das ganze Ausmaß, dass sich dann zeigte, wenn er sich ihr nähert, wusste er nicht, aber … d a s war auch nicht sein Auftrag gewesen, sich wieder so dicht ran zu machen. Was hatte ihn dazu getrieben? Ein Rest von tief vergrabener Liebe?
Langsam erhebt sich Tarek … Er hat genug vom Manegen Boden und vom Fegen. Ärgerlich kickt er, beide Hände in den Hosentaschen vergraben, den Besen zur Seite und marschiert stürmischen Schrittes Richtung Ufer, um kurz vor dem Wellenaufschlag abrupt im zurück ebbenden Salzwasser Halt zu machen. Eine Weile stiert er über das graue und träge in der leichten Morgenbrise dahin schwappende Meer. Auf Batuu … gibt es keines! Seine Augen durchsuchen das seichte Wasser zu seinen schon leicht durchnässten Füßen. Muscheln, Krebse, Seesterne … Algen. Ziemlich viel von Letzterem an dieser Küste. Die äußere Sicht verschwimmt vor seinen Augen und Korallen, Seeigel, tropische Meeresschildkröten bilden das innere Panorama. Das Wasser war immer warm … Zu jeder Jahreszeit. Wie oft waren sie am Tauchen, Schwimmen, sich im Meer lieben ... auf Takatuka.
Sie hatte nicht mal irgendwelche Absichten gehabt, nichts forciert, ja nicht mal gewusst …, was sein Vater plante. Lottas Vater hingegen wusste es schon … und hatte ihm zunehmend misstraut, weil Tanuí sich mit seinem eigenen immer häufiger stritt, ihn verfluchte und einen Hundesohn nannte. Die beiden älteren Männer waren sich einig … Er sei zu hitzig, zu unbesonnen und … selbstsüchtig geworden. Nur Lotta übersah das alles mild lächelnd an Tanuí. Mae dagegen … nicht! E r hörte nicht auf sie, wenn sie ihm was sagte, versuchte nicht, was zu ändern. E r hörte lieber … auf Lt. Agnon!
Und doch … da beim Festival … wollte er Lotta nur noch einmal berühren …, ihr nah sein dürfen …, ihren Duft einatmen … statt ständig ihr Geheimnis zu ergründen … sie zu observieren … und einen Außenposten zu planen …
Kein anderer auf Batuu als Lt. Agnon allein hatte in seinem neuen Umfeld gewusst, wer er ursprünglich war oder woher er stammte. Azul, sein Begleiter und Mitbeobachter von den Sturmtruppen, war sehr erstaunt, wie Lotta plötzlich auf Tareks Nähe reagierte, diese Ohnmacht auf dem Festival ... Anders als beim ersten Zusammentreffen im Wintergarten als sie sie nach Batuu entführten.
Auch Azul wusste vom Fluch des Magiers über das Mädchen, aber nichts … von den verwandtschaftlichen Verhältnissen zwischen Tarek und dem observierten Objekt uns seinem Kind. Der Sturmtruppler wurde … langsam misstrauisch, berichtete dem Leutnant, der natürlich Bescheid wusste, aber ganz erstaunt tat. Nun … hat ihn der Leutnant … fallen lassen …
Will er wieder zu ihnen zurück? … … … Tarek weiß es nicht. Ist er ein Monstrum, weil er nicht weiß, was recht ist? Müsste er nicht lieber alles daransetzen, endlich Lotta und ihr gemeinsames Kind zu schützen? Ein kleiner Funke in ihm begehrt die ganze Macht und Herrlichkeit, die er dort sah … auf Batuu. Ein anderer Teil in ihm will … s i e zurück … und s e i n Kind. Was stimmt nur nicht mit mir?
Tarek lässt sich schwermütig am Strand nieder, gräbt mit einer Hand im Sand nach einer Muschel starrt weiter über das Meer, versinkt in leichte Agonie … stirbt tausend kleine Tode …, weil alles keinen Sinn mehr macht … … … … …
… … … … bis … ein leichtes Sirren an sein Ohr dringt. Tarek stutzt, lauscht … … … erwacht wieder aus seiner Lethargie! Eindeutig! Ein Sturmtruppler! Beobachten sie jetzt … i h n? War es kein Zufall, dass er genau hier landete, beim Wanderzirkus? Der vielleicht letzten Spur, die ihnen blieb zu … Lotta und ihrem Kind? Hoffen sie, dass die Wandersleute sie finden …? Und welchen Zweck … hätte er jetzt dabei? Welche Funktion? Welche Aufgabe?
Und schon wieder hofft ein kleines Teufelchen in i h m - dem gefallenen Engel - sich Anerkennung verdienen zu können … beim Leutnant. Ein kleines diabolisches Lächeln gleitet über Tareks Züge …
W a s treibt ihn … zu solchen Gedanken? Weil er sonst nirgendwo mehr auf Gnade hoffen kann und doch … weiterleben möchte …?
„Don, Don … hör mir genau zu!“, plappert Bugsy aufgeregt ins Phone. „Ich bin bald zurück und dann … machen uns auf die Suche … nach der Wahrheit!“ Don El Artichocke hält den Hörer etwas vom Ohr entfernt. Bugsy brüllt fast in die Sprechmuschel. Sie ist so laut, sie könnte fast neben ihm stehen, nicht mitten in Afrika. „Nun mal ganz sachte, mein Kind! Was ist denn bloß los?“ Dermaßen aufgebracht erlebt er sie selten.
„Erinnerst du dich noch an deine alten Bekannten? Die Watanabes?“, schießt sie weiter drauf los wie eine Wild West Figur. „Aber sicher!“, lächelt Don El Artichocke in Erinnerung an die früheren Weggefährten. So manchen Marsch war er mitgegangen … „Was ist mit ihnen?“
Einen Moment lang herrscht völlige Stille auf der anderen Seite des Telefondrahtes, dann fragt Bugsy vorsichtig und leiser: „Hast du mitbekommen, dass Miyu und ihrer Tochter ermordet wurden?“ Der Schock dringt Don augenblicklich in Magen und Knie. Ein unterdrückter Aufschrei entringt sich seiner Kehle, an die er sich entsetzt greift. Er muss sich setzen: „Wie … Wo … Was?“ Ungläubig lauscht er ins Phone. Wieso … weiß er nichts davon? Er als Zeitungsverleger?
Kurz setzt ihm Bugsy die Sachlage auseinander, während Don El Artichocke geschockt den Nachrichten lauscht, die sich da durch das Phone über ihn ergießen. Miyu … war zuletzt … von Jack geschieden und … Rektorin an einer Schule gewesen? Und nun … sind sie … und ihre Tochter … ermordet … oder … auch … doch nicht?! Dons Blick fällt auf die knappe Mitteilung, die Ilsebill letztens in den Short-News der WiWo rausbrachte. Don atmet einmal heftig ein und aus, während seine Augen die Zeilen überfliegen. Dann lauscht er Bugsys weiteren Erläuterungen von nicht ganz gescheiten Bullen. Bugsy denkt dabei an den geistig nicht ganz knusprigen toskanischen Inspektor, der sie schon mal einbuchtete, derweil Don El Artichocke über den Windenburger Friedhof weiter nachgrübelt. Wer liegt da, wenn die beiden Watanabes noch unter den Lebenden weilen …? „Natürlich werde ich hier vor Ort recherchieren, Bugsy! Worauf du wetten kannst! D a s muss man doch ergründen, aber … vorsichtig, wenn die aus irgendeinem Grund … untertauchten …“ Miyu Rektorin? Don will das immer noch nicht in den Kopf. Ein paar Mal waren die Watanabes mit dem Gesetz in Konflikt geraten und auch inhaftiert worden … Nicht zu Recht, wie Don damals befand! Aber … es waren andere Zeiten!
Don wird sich mal die Brindletoner Polizei vorknöpfen … Er plant schon in Gedanken weiter, hört nur noch mit halbem Ohr hin als Bugsy von einer weiteren darin verwickelten Story berichtet über eine junge Frau mit Kind … und … Wolf. Fotos werden Don plötzlich übermittelt. Er starrt fassungslos auf sein Display und stammelt nur noch: „Das … das … das ist … s i e!“ Die junge rothaarige Frau in seinem merkwürdigen Tagtraum … „Wer ist … was?“ Bugsy weiß gerade nicht, was Don meint. Nun ist es an dem Verleger, doch noch von seinen merkwürdigen Träumen um eine Delia, diese rothaarige junge Frau und einen Wolf zu berichten. Lotta heißt sie also …
„Puh! D a s ist alles sehr merkwürdig, Don!“, lässt Bugsy langsam raus. „Da müssen wir unbedingt dranbleiben – an der ganzen Story!“ Don nickt nur entschlossen. „Hilf‘ dieser Familie Ogbanda, nach Miyu Watanabe zu suchen! Ich möchte sie gerne wiedersehen … lebend. Und besorg mir Jacks aktuelle Nummer …“ Sie hatten sich aus den Augen verloren über die Jahre. Schade! Wie alt jetzt wohl ihre Tochter ist? „Und nach dieser Lotta aus meinen Träumen, die Miyu und die Ogbandas kennen, müssen wir auch forschen, Bugsy. Wir brauchen … mehr Unterstützung … Was machen eigentlich gerade … das Spionelfchen und Shakirah?“
„Ach, ist das ein Fest!“, seufzt Lotta glücklich vor sich hin. Diesmal gibt’s zur Tee Zeit sogar Gebäck! Thorger hat Gänseeier mitgebracht, Sven das feingesiebte Mehl. Björg hatte sogar Butter auf Lager und Reuben stiftete ein Glas selbst eingemachter Schattenmorellen, geerntet in den recht mild temperierten und weiter südlich gelegenen Fjordgebieten Norwegens … Nun ist alles von Lotta zu einem wunderbar saftigen Kuchen verschmolzen und rund um den Tisch auf alle Teller der Besucher verteilt. Fröhlich lässt Sven ein dunkles „Ho ho ho, ist ja fast wie Weihnachten!“, ertönen und der Rest stimmt lachend mit ein, während alles zur Kuchengabel greift und sich mit Teetassen bereits ausgelassen zuprostet.
Noch einmal klingelt es und auch der überaus höfliche Himani trifft endlich ein. Die Teerunde ist komplett. „Was duftet denn da so gut!“, schnuppert der freundliche Japaner mit der Nase in Richtung Küchenstube und überreicht Lotta einen lieblichen Blumenstrauß aus Stechpalmen. Mhm, denkt die gleich, daraus kann ich später heilenden Kräutertee machen, wenn ich die Zweige trockne. „Vielen Dank!“, umarmt Lotta Himani selig. So langsam wächst hier eine nette kleine Gemeinschaft zusammen …, die aber leider nicht lange währen wird. Denn die Arbeitskräfte ziehen in verschiedene Richtungen weiter, wenn das Urlaubsresort erst einmal steht. Ein wenig wird Lotta jetzt schon Wehmütig ums Herz, wenn sie daran denkt.
Mittlerweile schaut fast jeden Nachmittag jemand von der Truppe nach getaner Arbeit vorbei. Oft trudelt und tröpfelt peu à peu einer nach dem anderen ein. Lotta hat immer feine Tee Aromen auf Lager … Gerade fragt sich Thorger, wo Lotta die Kräuter dazu alle herhat: „Hast du die mitgebracht oder sammelst du hier in den Wäldern …?“ Lotta schaut von ihrem Teller auf, die Gabel gerade unterm Gaumen versenkt und kaut eine Weile nachdenklich auf dem fruchtigen Leckerbissen vor sich hin. „Teils, teils …“, antwortet sie dann bedächtig. „Ich hatte einst einen großen Garten und hatte noch einige getrocknete Vorräte für Früchtetee und Kräutermischungen im Gepäck … Hier gedeiht ja leider nichts wirklich. Zu kalt für viele Pflanzen. Ich schaue, was ich in den Wäldern an Nachschub für Tee finden kann … “ Bedauernd zuckt sie mit den Schultern. Ihr Wintergarten fehlt ihr schon irgendwie …
Sven streicht sich kurz grübelnd den Bart bevor er dann überraschend rauslässt: „Ansgar versteht sich auf Pflanzen bei jeder Wetterlage! Der hat überhaupt ‘ne Menge unglaublicher Kenntnisse!“ Dabei sieht der ältere weißblonde Schwede Lotta intensiver an. „Ich denke, du kannst dich auf ihn verlassen! Der arbeitet für zwei, sieht, wo es was anzupacken gilt …“ Ihm war schon aufgefallen, dass Lotta alles andere als begeistert gewirkt hatte als sie erfuhr, mit wem sie den Funkturm auf dem obersten Gipfel der Gegend errichten soll. Lottas Hand verharrt mit der Gabel in der Luft. Erstaunt fragt sie sich, ob der gutherzige Sven sie einfach gerade zu beruhigen versucht …
Thorger fällt mit seiner Sichtweise ein … „Jupp, stark wie ein Bär, aber stumm wie ein Fisch!“ …, bevor ihm aufgeht, dass das nicht gerade Lottas Wohlbefinden mehrt. „Äh, aber immer bestens ausgerüstet. Er bringt alles mit, was ihr für den Aufstieg braucht: Zelt, Schlafsäcke, Steigeisen, Sicherheitsgurte! Echt, musst dich um nichts kümmern, Lotta!“, schließt Thorger beschwichtigend an seine lockere Rede an als er ihre sich vergrößernden Augen sieht. „Du bist auch ganz schön kräftig … für eine Frau …“, vermeldet er noch etwas kleinlaut. Als würde das jetzt den Rotschopf vollends auflockern.
Lieber senkt Lotta wieder den Blick auf ihren Teller und lässt sich ihre innere Unruhe nicht weiter anmerken. Sie braucht den Job, das Geld … für dieses kleine Häuschen, dass nun ihr und Takatukas Heim werden muss. Es soll keiner glauben, dass sie den Auftrag nicht schafft. „Dann ist ja alles gut!“, murmelt sie nur verhalten in den nicht vorhandenen Bart. Wenn sie wüssten, wie stark sie noch als Kind war … Ihr Blick fällt seitwärts auf ihr eigenes, dass sich gerade in dem bewundernden Gelächter der Männer aalt als sie versucht, den Wolf hochzustemmen. In ein paar Jahren schafft sie glatt ein Pferd … wie Lotta einst auf der Veranda ihrer Villa Kunterbunt. Lotta seufzt leicht vor sich hin. Der zunehmende Verlust dieser Gabe macht ihr Sorgen. Warum nur passiert das …?!
„Das hat sie wohl von dir geerbt, oder?“, grinst Björg die junge Mutter des Kindes gerade an. Er hat doch in letzter Zeit gestaunt, was auch Lotta so zustande brachte … Wie sie zum Beispiel diesen Rentierbraten anschleppte letztens … locker geschultert … oder mal eben einen Hocker mit doch recht kräftigen Hammerschlägen zusammenzimmert … Die rechte Hand des Bauleiters ist mittlerweile voll überzeugt, dass Lotta den Mann aus Stockholm würdig bei der Erklimmung des Gipfels zu ersetzen vermag. Und … sie ist … günstiger! Ein bisschen plagt ihn das schlechte Gewissen, hat er doch einen niedrigeren Lohn verhandelt … na ja, so als Frau … und halbe Portion … hatte er gedacht. Schnell beeilt er sich zum Ausgleich ihren vorzüglichen Kuchen zu loben: „Einfach köstlich der Kuchen, Lotta. Du bist heiratsfähig, junge Dame!“ Er bemerkt nicht wie Lotta … leicht das Gesicht verzieht. Er meint‘s nicht bös‘, besänftigt sie sich selbst.
Besser wendet Lotta ihre Gedanken anderem zu ... Dass dieser Ansgar weitaus stärker als seine Artgenossen ist, ist auch Lotta schon aufgefallen. Zuweilen beäugen sie und Ansgar sich gegenseitig vorsichtig, scheinen die Kräfte des anderen abzuschätzen. Und ständig scheint er hilfreich in ihrer Nähe aufzutauchen … wie neulich … Lotta versinkt leicht in der Erinnerung an die Ereignisse …
Querfeldein am Weiher nördlich hinter ihrem Knusperhaus hatte sie neulich versucht, mit ihrem kurzen Beil ein Loch in die dicke Eisschicht zu schlagen und den wohl aus dem Winterschlaf aufgeschreckten Braunbären hinter sich nicht gleich herannahen gehört, bis der hoch aufgerichtet sein drohendes Gebrüll ausstieß. Lotta hatte sofort ihren Speer gegen das Tier gerichtet, das hoch über ihr hinausragte, voller Unwillen, dieses herrliche Geschöpf verletzten zu wollen … Sie hätte nur keinen anderen Ausweg gehabt … wäre dieser Norweger nicht eingeschritten. Ohne viel Federlesens hatte Ansgar sich dem Bären entgegengestemmt und ihn zum Rückzug bewegt … und Lotta … ergeben, ein „Danke!“ gehaucht. Wortlos hatte er sie nur angeblickt und den Dank mit einem kurzen ausdruckslosen Nicken quittiert. Genauso undurchdringliches Minenspiel zeigt der stumme Norweger, wenn er ihres Kindes ansichtig wird … als sei es ein nicht weiter beachtenswertes Insekt.
Ein anderes Mal war ihr tief in die Wälder dieser windige Black gefolgt, der Lotta mittlerweile weitaus mehr Unbehagen mit seinem verschlagenen Blick bereitet. Auch die anderen reden nicht gut über ihn, hatte sie bereits mitbekommen … Keiner vertraut ihm so recht und um die Mitarbeit steht es wohl auch nicht zum Besten. Als Black da so unvermittelt vor ihr auf der Lichtung auftauchte und ihr Jagdglück störte, war sie sich zuerst nicht sicher, was der Griff in seine Seitentasche wohl bedeuten mochte. Ansgar plötzlich hinter ihr stehend schien sich klarer darüber zu sein, sofort seinem Kollegen Einhalt gebieten zu müssen. Nur kurz sah Lotta erschrocken was Metallisches in Blacks Hand aufblitzen und wieder in die Tasche zurück gleiten. Ansgars düsterer Blick folgte Black mit zusammen gezogenen Brauen als der sich eilig wieder verzog.
Und Lotta flüsterte wieder ein zaghaftes „Vielen Dank!“, unsicher, ob mehr als ein Dankeschön erwartet wird.
Irgendwie … hat sie das unbestimmte Gefühl, dass es mit der Zeit ungemütlich wird, wenn sie diese stummen Hilfebeweise nicht bald ‚ausreichend honoriert‘ …
„Vitello ist nur ein harmloser Schwätzer …!“, kriegt Lotta gerade noch die Gesprächsfetzen der anderen an der Tee-Tafelrunde mit. „Musst dir keine Sorgen um den machen …“ Ja, das ist wohl wahr! Der vorwitzige Italiener hat immer ein paar dumme Späßchen auf Lager, die manchmal an der Manierlichkeit vorbeischießen. Letztendlich entschuldigte er sich dann immer wieder … Tee gab‘s bisher noch nicht für ihn.
Bauleiter Reuben steigt nochmal auf das Thema Pflanzen ein … „Also, ich habe mit Ansgar letztens darüber gesprochen …“ Alles horcht gespannt auf! Sogar Lottas Kopf ruckt hoch. Ansgar kann … sprechen?! „Jaaaaa …“, schmunzelt Reuben belustigt in die Runde die erstaunten Blicke richtig deutend, „… er redet … hin und wieder. Ich muss wohl der Auserwählte sein!“
„Ne!“, kontert Björg grinsend. „Ich hab‘ die Gehaltsverhandlung mit ihm geführt. Harter Hund sag‘ ich dir! Bist nicht so einzigartig, Reuben!“ Himani, beide Augenbrauen gespielt fragend erhoben, witzelt nur: „Was hat er gemacht? Dich mit unerbittlichem Blick totgeschwiegen, bis du all seinen Forderungen nachgeben hast, Björg?“ Die ganze Horde Männer lacht brüllend als Reubens rechte Hand freimütig einräumt: „Jaaa, so ungefähr … Hoch die Tassen auf unseren stärksten Mann!“ Überschwänglich stoßen alle an, Lotta schwingt … ein bisschen wortkarg … mit. Yeeaah! Wahrscheinlich kriegt er das doppelte an Lohn für den Gipfelsturm wie ich … Na ja, Hauptsache das Häuschen ist endlich legal erworben … Und er bringt die ganze Ausrüstung mit … Wohl auch Erfahrung … und mehr Kraft in den Knochen scheinbar als jeder andere …
Wo … die Kraft wohl … herstammt?! Lottas Augen ruhen einen Moment auf ihrer Tochter, wandern zur Küchenschublade, in der neben dem Handy dieses güld knöcherne Geschmeide liegt, das sie in einer kleinen Höhle in der Nähe fand und das Ruhe wie Kraft ausstrahlt, wenn sie es in Händen hält …
Vielleicht sollte sie i h r e Ausrüstung zum Berganstieg mitbringen! Ihr … ‚Besteck‘ zum Zweck der … Selbstverteidigung! Aber … Degen oder Rapier behindern bei der Erklimmung hoher Felswände. Mpfff. Sollte sie die Kette mitschleppen? Etwas albern, oder? Lotta verwirft den Gedanken über sich selber schmunzelnd gleich wieder. Als glaube sie an Ammenmärchen …, pah!
Es wird ein mehrtägiger Aufstieg. Die Wetterverhältnisse müssen halbwegs stimmen … Der Grat oben ist zu schmal, jemanden mit Fliwatüt, wie Lotta es nennt, dort freischwebend in der Luft aus hoher Höhe runterhangeln zu lassen … bei den Windverhältnissen und Felswänden.
Mulmig mit Blick auf die anstehende Bergbesteigung, nimmt Lotta noch einen Schluck heißen Tee. „Worüber … hast du … mit diesem Ansgar gesprochen?“, hakt sie bei Reuben nochmal nach. Ob es wohl um die Bergbesteigung ging? Dann will sie es wissen! „Pflanzen!“, lautet die prompte Antwort. „Hääh …?!“, starrt Lotta den Bauleiter mit offenem Mund perplex an. Sven grinst: „Sag ich doch. Er kennt sich damit aus! Vielleicht hat er ja ein paar Tipps für deinen Garten draußen bei dieser Witterung, Lotta!“Pffff, der stumme Norweger scheint ja ’ne verkappte Plaudertasche zu sein … und zuweilen mit Hinz und Kunz oder zumindest Reuben, Sven und Björg zu sprechen. Lotta gönnt sich noch einen Schluck Tee.
In der Tat! Reuben scheint sich eine Menge ausführlicher Anregungen von diesem recht schweigsamen Mitarbeiter geholt zu haben … für die künftige pflanzliche Selbstversorgung der Gastronomie des sich im Aufbau befindenden Wintersportortes. Steckt da vielleicht für Lotta später eine weitere Geschäftsmöglichkeit drin …? Vielleicht … sollte sie … auch mal … Ansgar fragen … bei den Wetterverhältnissen hier?
Erstmal noch eine Tasse Tee … und abwarten … wie das mit der Bergbesteigung läuft … Schnell nimmt Lotta noch einen Schluck vom heißen Getränk für‘s aufgekratzte Gemüt.
Wann … hatte sie begonnen …, so vorsichtig zu werden?
Schon den ganzen Tag durchstreift Asante mit dem Jeep den Busch in dem kurzen Heimaturlaub von seiner Militäreinheit. Muss wohl ein sehr kleines unscheinbares Forschungslager sein, dass dieser Jack betreibt. Bugsy ist mit von der Party und auch Keito wollte sich heute nicht auf die Schule einlassen. Der Teen versucht, nicht zu euphorisch zu werden, kann aber die steigende innere Erregung bald kaum mehr unterdrücken. Was, wenn das alles nur ein Trugschluss ist …? Andererseits, wenn sie doch wieder leibhaftig vor ihm steht … Yuna!
„Verfluchter Mist!“, wettert Asante gerade als er durch ein Schlagloch in der Sandpiste rast und alle einmal ordentlich durchschüttelt. Mit beiden Händen packt er wieder fest das Lenkrad, flucht leise vor sich hin, während er den Jeep durch unwegsames Gelände steuert. „Verdammt, wo jetzt lang? Wo versteckt der sich …?“
Auch der sonst recht besonnene ehemalige Sportstudent ist nicht wirklich die Ruhe selbst. Zwar hat er nicht so den engen Draht zu Miyu und Yuna wie Keito und Elani gehabt, aber die Aussicht, Totgeglaubte wieder unter den Lebenden zu sehen und seine Familie wieder froheren Mutes zu erleben beflügelt auch ihn ungemein. Und ein kleiner irrationaler Teil in ihm hofft, dass alles wieder wie früher dadurch werden könnte, auch wenn seine logische Seite sich im Klaren darüber ist, dass die ehemalige Rektorin und ihre Tochter sich mehr oder minder auf der Flucht befinden und gewissermaßen untergetaucht sind. „Teufel nochmal, aus dem Weg … ihr verdammten …!“ Jetzt flucht er auch noch die Giraffen an … Bugsy und Keito schweigen lieber still, mischen nicht bei dem zunehmend gereizten Gefluche des Soldaten neben sich mit. Er will Erfolge … jetzt, sofort!
Gerade setzt Asante zu einer neuen Derbheit an, als das Handy der Reporterin schellt. Sie hat noch am meisten Saft auf ihrem Gerät. „Er ist hier, er ist hier! Hier auf dem Markt! Kommt schnell!“, schallt ihr Elanis Stimme aufgeregt entgegen. Bugsy ist gleich mit Feuer und Flamme: „Jack? Meinst du Jack Watanabe? Wir kommen sofort. Halt ihn ja fest!“ Asante dreht den Jeep in voller Fahrt kehrt wendend … fast wären sie seitlich übergekippt. Bugsy konnte gerade noch mit einer Hand ihr Handy retten und mit der anderen sich erschrocken an die Wagentür klammern. Keito wäre fast hinten rausgehüpft, so hat es ihn von der Rückbank hochgerissen. Jetzt krallen sich beide Hände in die Lehnen der Vordersitze, während Asante wie der Leibhaftige vorwärts prescht.
Nach einer guten halben Stunde bremst der Soldat das Gefährt mit quietschenden Reifen direkt neben Elanis offener Garküche am Markt. Gut, dass die Töpfe Deckel haben. Wer wollte schon Sand im Getriebe, äh, in der Suppe, der von heißen Gummireifen emporgeschleudert wird?!
Keito springt mit beiden Füßen zuerst aus dem Jeep und stürzt auf seine Mutter zu, neben der ein asiatisch anmutender Herr in Khaki-Kleidung sitzt. „Wo?! Wo ist sie? Wo ist Yuna!“ Wild schwenkt Keitos Blick zwischen den beiden hin und her, fährt nach unten zu seinen Fußknöcheln, weil Yunas Shiba Inu Achten drumherum legt und an seinen Zehen knabbert. „Beruhige dich, mein Sohn. Setzt euch doch erst einmal!“, lädt Elani auch Bugsy und Asante ein, die sich etwas weniger ungestüm nähern. „Dann kann Jack weitererzählen …!“
Es ist also tatsächlich … Jack Watanabe, schätzt Asante die Situation ein. Er pflanzt sich erst einmal abwartend auf einen der leeren Stühle und greift nach dem Kaltgetränk, dass Elani gerade für alle rumreicht und alle erst einmal vorstellt. Keito holt sich das kleine Hündchen auf den Schoß und vergräbt seine Finger in dem flauschigen Fell, was ein wenig seine Anspannung löst.
Ja, er ist es! Ist lange her …„Erkennst du mich gar nicht wieder, Jack?“, fragt Bugsy lächelnd. „Erinnerst du dich noch … an Don El Artichocke …?“ Erst ein ungläubiges Staunen, sie hier mitten in Kenia wieder anzutreffen …, doch dann erreicht ein erkennendes Lächeln Jacks Mine. Er freut sich aufrichtig. „Aber natürlich … Mein Gott, du bist älter geworden. Die Melone steht dir, Bugsy. Und was macht Don so, der alte Knabe?“ Stolz wie Bolle berichtet die Reporterin, dass sie zusammen einen Zeitungsverlag gegründet haben. Die WiWo-News.
„Ja, ja alles sehr schön … die alten … Erinnerungen …!“, platzt Keito fast vor Ungeduld der Kragen. Der Shiba wird plötzlich etwas zu kräftig gekrault, quietscht leise auf. Der Teen verlangt energisch was anderes zu wissen: „Wo … was … wo … … Was ist mit Yuna!? Äh, und Miyu natürlich …“ Elani faltet abwartend die Hände im Schoss. Den ersten Teil hörte sie schon. Mutter und Tochter sind gestern in aller Frühe bereits … weitergezogen. Handylos! Weil es ihnen unterwegs nichts nützt ohne Strom, Geld und …, weil Miyu nicht geortet werden will. Sie sind nun mal Flüchtige …
„Ich werde meine Forschungsstätte auch demnächst verlegen müssen …“, erklärt Jack gerade und erntet ein zustimmendes Nicken von Asante, der natürlich auch von der Grenzlage weiß. „Miyu, wird ganz Old School Briefe von Zeit zu Zeit schicken …, damit ich wenigstens erfahre, ob es ihnen gut geht.“ Jack berichtet von der Schiffspassage und dem weiteren geplanten Weg gen Osten bis nach Japan; Yunas Wunsch nach dem Tattoo und Miyus Hoffnung auf etwas innere Heilung im Land ihrer Ahnen. Keito erinnert sich wie sie auf dem Festival mit Bea über Körpertätowierungen sprachen. Yuna schwebte damals schon etwas … Klassisches vor.
„Wir müssen ihnen folgen, ihnen … doch irgendwie helfen! Und ich will … s i e wiedersehen!“, bricht es aus Keito hervor. Und wenn er allein gehen müsste … Pfeiff‘ auf die Schule! So etwas ähnliches hatte Don zu Bugsy gesagt … Du musst den Ogbandas helfen, Miyu zu finden … „Ich gab ihnen eine hilfreiche Adresse auf dem Weg mit. Fasane Fashani in Persien! Im Moment könnten Miyu und Yuna schon längst den Suez passiert haben …“, erklärt Jack gerade mit wohlwollendem Blick auf Keito und seiner Ma. Die beiden sind wirklich gute Freunde seiner Tochter und Ex-Ehefrau, scheint es ihm und er ist erfreut, sie endlich kennengelernt zu haben.
Bugsy verzieht noch immer grübelnd die Mine. „Wir haben da … eine … Sonderbeauftragte für den Orient in der WiWo-Redaktion, die auch weiterhelfen könnte … Mal sehen …, was sich da machen lässt. Ich muss leider bald wieder zum nächsten Studiensemester zurück … “ Wie bedauerlich, da entgeht ihr doch glatt was als neugierige Reporterin … Na gut, sie wird vor Ort mit Don in Windenburg recherchieren und sich ansonsten von der Verlagskollegin und Sonderbeauftragten berichten lassen …
„Bis wir aufbrechen können, hinken wir einen weiteren Tag hinterher!“ schaltet sich nun Asante ein, der es für beschlossene Sache hält, dass sie sich auf die Suche machen. Er wird das mit seinem Militärdienst schon irgendwie klären … und … der Entführung eines … Jeeps, der Entwendung von Militäreigentum … Mischen sie sich doch gleich alle … unters Verbrechervolk. Elani rollt mit den Augen, aber eigentlich … ist es klare Sache … „Wir kürzen den Weg ab, durch äthiopischen Dschungel und arabische Wüste!“, hat Asante gerade entschieden und damit gleich mal … entschieden die Führung des kleinen Rebellentrupps übernommen. Er will direkt auf Persien zuhalten. Bugsy merkt sich die Route gut … für die Sonderbeauftragte … Telefonnummern werden noch ausgetauscht und dann … macht sich jeder … auf seine Reise. Der Shiba begleitet Jack.
Am nächsten Morgen hat Asante einiges geregelt oder auch … verschleiert. Der Jeep ist mit wenigen Habseligkeiten beladen … Einiges erscheint dem pragmatischen Soldaten unsinnig, was Keito da so auflädt, aber …, wenn es ihn glücklich macht … Sie brechen früh auf … Elani hat einiges vorgekocht und gut verpackt im Fahrzeug verstaut. Asante rauscht los durch sie Savanne. Die Nacht verbringt man … im Dschungel, der voll von schwirrenden Stimmen und feinem Gezirpe Keito den Schlaf raubt, während Elani und Asante sich von den gewohnten Geräuschen ihrer Kindheit in den Schlaf lullen lassen. Der Teen hingegen erlebt fasziniert Begegnungen der Dritten Art … Seine Verwandten hätten nur müde gelächelt. Ja, ja … Er ist nicht von hier!
„Ich Tarzan, du Jane!“, begrüßt der vorwitzige Teen die Affendame, die ihm huldvoll das Haupt zuneigt – glaubt Keito fantasiereich zu erkennen. Ein erstes Lächeln gleitet seit langem mal wieder über sein Gesicht. Gerne hätte er Yunas Shiba mit eingepackt und ihr wiedergebracht, musste aber einsehen, dass es für das kleine Hündchen zu anstrengend wird. Jack spart jetzt schon auf Flugkosten …, damit er sich eines Tages mal wieder leisten kann, Miyu und Yuna in Japan mit Flauschbündel zu besuchen. Keito hätte gerne mehr Zeit gehabt, Jack näher kennenzulernen. Yunas Vater ist so … liebenswert, ganz anders … als seiner war. Kurz schlägt ein dumpfes Gefühl in seiner Magengegend ein, das Keito aber erfolgreich wegdrängt, indem er sich wieder den witzigen Gesellen um sich herum zuwendet.
Leicht übernächtigt … Elani fragt sich noch, was Keito so müde macht … verschläft der Teen den nächsten halben Tag und wird erst wieder wach als ihm frischer Wind um die Ohren weht. Erstaunt registriert er, dass sich der Jeep auf einer Fähre befindet, was fast ihre letzten Geldmittel auffrisst, dabei setzen sie schon an der schmalsten Stelle auf die arabische Halbinsel über. Benzin bekommen sie aber dort leichter … „Günstigere Ölpreise …“, lächelt Asante dem Jungen zuversichtlicher zu als ihm zumute ist, während sie auf der Reiling gestützt den Blick über die azurblaue Meeresenge schweifen lassen. Landeinwärts vor ihnen schaut Elani etwas besorgt auf die sich auftürmenden endlosen Sanddünen. Ein Meer, in dem man sich verlieren kann …
„Und … der Jeep packt diese … Steigungen und den Untergrund, Asante?!“ Die ehemalige versierte Fünf-Sterne-Köchin möchte eigentlich nicht zweifelnd klingen, kann aber ihre aufkeimende Furcht nicht ganz unterdrücken. Der Soldat neben ihr verspricht mehr als er halten kann: „Wird schon schief gehen, Elani! Mach dir keinen Kopf.“, und versucht ein nicht ganz geglücktes schiefes Schmunzeln, während sich doch die Stirn runzelt angesichts der flirrenden sandigen Weite, in die er blickt. Kein Baum, kein Strauch, nichts! Nur Sand … Und Hitze! In Gedanken geht Asante die Wasservorräte durch. Wie wohl die von Bugsy nicht näher beschriebene versprochene Hilfe aussieht …?
Langsam lässt Asante den Jeep von der Fähre rollen. Sprit hat er noch für einen Tag. Sie müssen soweit wie möglich damit kommen und dann … weitersehen. Ähnlich wie Miyu und Yuna werden sie sich unterwegs irgendwie den Lebensunterhalt verdingen müssen. Dass er im Prinzip den Militärdienst quittierte und bereits unerlaubt außer Landes ist … wird seine Basis bald genug merken … Egal! Zu spät! Asante zuckt mit der Schulter und grinst zu Elani rüber: „Die beste Mission for ever!“ Lieber dies als wieder auf Habenichtse zu zielen … Irgendwie steckt das Kusinchen diese Art von Galgenhumor in fast aussichtsloser Lage an. Sie muss einfach zurückgrinsen. Auch Keito ist für jede aufmunternde Geste dankbar und stimmt lachend in den Abgesang auf ehrenvoll geplante Lebensperspektiven ein. Let’s get an adventure!
Die nächsten Stunden quälen sich die drei … über einige Dünen. Immer wieder müssen Keito und Elani anschieben, damit der Jeep nicht im Sand versinkt und stecken bleibt. Durst quält alle drei und die irrsinnige Hitze. Asante sorgt sich immer mehr um das Getriebe … Ob das hier wirklich eine Abkürzung wird? Zügig kommen sie nicht vorwärts. Als die Sonne am gnadenlosesten zuschlägt und Asante geblendet den Jeep in eine Senke heizt, verreckt das gute Stück vollends. „Verdammter, verfluchter, elender … ach, zum Teufel!“ Wütend tritt Asante kräftig gegen das vordere Rad des Wagens. Elani versucht mit beschatteten Augen in der Umgebung etwas Rettendes zu finden und glaubt … ihren Augen nicht zu trauen: „Dort! Seht! Ist das … ist das … eine Fata Morgana?!“
Keito wendet sich augenblicklich um bei Elanis erschrockenem Ausruf: „What?!“ Sieht er da in der Ferne … ernsthaft … einen Geist … Kaffee trinken, der … ihnen auch noch … zuwinkt? Asante – schon fern vom Glauben – starrt einen Moment zu der angeblichen Fata Morgana, schultert sich dann ihr weniges Gepäck aus dem Wagen und weist auch Keito an, sich seines zu schnappen. Den Jeep können sie vergessen. „Na dann … Wir werden wohl schon erwartet!“, stiefelt Asante den beiden anderen voran. Eine sonderbare Sonderbeauftragte …, aber wenigstens gibt es Kaffee. Den hat er jetzt nötig!
„Herzlich willkommen! Zimt und Zucker?“, begrüßt der gute Redaktionsgeist der WiWo-News die Ankömmlinge und schenkt schon mal ein. „Spionelfchen Naseweiß, zu euren Diensten!“ stellt sich die Dame als nächstes freundlich vor und wartet die weiteren ‚Bestellungen‘ ab.
Ach, was hatte Miyu gelacht als sie entdeckte, was für eine Schiffspassage ihr Jack da an die Hand gegeben hatte … Eine ägyptische Feluke! Hat trotzdem genug gekostet und am Ende war ihnen noch in der Nacht der Schiffsführer abhandengekommen … Hat sich einfach aus dem Staub gemacht, weil ihm die Bezahlung wohl doch nicht reichte. Nun gut, Miyu hat Segelerfahrungen, aber keine nautische Karte dabei.
„Ist das noch … das richtige Gewässer, Mum?“, fragt Yuna gerade mit gerunzelten Augenbrauen und dreht dabei den Kopf in alle Richtungen … „Ich denke … nicht!“, gibt Miyu ihrer Tochter ehrlich zur Antwort. „Der Kerl hat uns wohl über einen Kanal auf einen der Altarme des Nils zu gesteuert als wir geschlafen haben.“, mutmaßt die ehemalige Rektorin. Yuna, auch recht gut in Geographie bewandert, kommentiert das ganze daraufhin nur lakonisch mit: “Dann passieren wir wohl nicht den Suez-Kanal!“ Miyu schüttelt den Kopf: „Weiß Gott nicht! Aber … wir kommen irgendwo am Nildelta raus und dann … halten wir uns einfach ostwärts, immer an der Küste entlang und werden dadurch automatisch ein Stück weit nordwärts auf Istanbul zu geleitet!“
Miyus Plan? Der Orient-Express! Aber dafür müssen sie sich erst eine Passage verdingen. Irgendwas wird sich schon finden in einer großen weltoffenen Metropole, das sich zu Geld machen ließe. Das ehemalige Konstantinopel diente schon immer Reisenden aller Nationen zum ausgiebigen Handel. Zu gerne würde Miyu mal in einer frühen Epoche durch die Welt streifen können und erleben … wie es sich so lebte … zu damaliger Zeit.
Hach, mit solchem Nonsens in Gedanken vertreibt sich Miyu die etwas eintönigen Mußestunden auf dem Boot, wenn Yuna und sie mal eine Zeit lang stumm nebeneinander die vorbeitreibende Landschaft bewundern, während die Mutter einhändig die Feluke lenkt. Ab und an versucht sich auch Yuna am Ruder. Zu gerne hätte die jetzt den Shiba auf dem Schoß. Etwas zum Knuddeln und Ablenken … Aber sie hatte sich von ihren Dad überzeugen lassen, dass die Reise für ihn zu beschwerlich würde und dass er ihn später wieder brächte. Ins Land ihrer Ahnen, wo er auch ursprünglich herstammt. Sie haben nichts dabei, keine Buchlektüre, kein Handy … Letzteres ist das Schlimmste für Yuna … Aber, sie darf eh zu niemandem mehr Kontakt aufnehmen! Also, ist es wohl besser für alle so …
„Muuuum!“ Yuna wendet sich ihrer Mutter zu. „Können wir bald mal eine Rast machen. Ich muss mir mal wieder die Beine vertreten.“ Viel Platz für Bewegung gibt es nicht auf der Feluke. „Ja, Schatz. Ich schaue mal nach einer guten Anlegestelle … Vielleicht da hinter dem nächsten Felsen …“, bietet Miyu ihr zustimmend an. Sie möchte auch ihre Beine mal wieder etwas mehr ausstrecken und nutzen können …
„Muuuum! Schau mal!“ Yuna deutet mit großen Augen auf die obersten Spitzen von über den Felsen sichtbar werdenden Pyramiden hin. „Die sehen ja aus wie …“ – „…neu!“, vollendet Miyu den Satz ihrer Tochter mit Blick auf die erhabenen Bauten erstaunt, als sie auch schon um den Felsen biegen und an einer offenen Stelle tatsächlich eine Landungsmöglichkeit am Ufer sehen. Das nächste Überraschungspaket lässt auch da nicht lange auf sich warten … Ein drittes Mal hört Miyu an diesem Tag ein langgezogenes „Muuuuum?!“ Diesmal klingt aber eher ein Fragezeichen nach …
Yuna schon ans Ufer gesprungen schaut ganz überwältigt einer dunkelhaarigen Frau in goldglänzender fließender Robe entgegen, die sich in Begleitung eines Anubis Schakals und zweier Bastet Katzen nähert als wären sie … einem alten Historienschinken entsprungen. So einem dieser … Sandalenfilme!
Auch die Herannahende wirkt hoch irritiert, hier auf zwei Frauen in moderner Kleidung zu treffen. Kennen auch andere die Zeitportale? Warum passen sie sich aber nicht im Kleidungsstil an? Ebenso überrascht begutachtet Shakirah aber auch ihre tierischen ‚Begleiter‘, die sofort auf das junge Mädchen zustürmen und sich ganz zutraulich geben. Nach einem ersten Schreckmoment scheint die sich wieder zu fangen und sichtlich erfreut über die tierische Belagerung zu sein.
„Hallo, ich bin Yuna!“, grüßt der Teen als erstes, währen Shakirah sieht wie die ältere Frau noch mit dem Ruder an das Ufer hält und zu überlegen scheint, wo sie am besten festmachen kann. Auch Shakira stellt sich vor und betrachtet die beiden etwas genauer. Irgendetwas rührt an einer Erinnerung … als auch Miyu ihren Namen nennt und plötzlich … fällt bei Shakirah der Groschen, wobei sie sich fragt, wie … das zugehen kann! D i e beiden? Hier? In dieser … Zeit?„Watanabe?“, hakt die Modefotografin vorsichtig bei der älteren der beiden Frauen nach und erlebt ein erschrecktes Zusammenzucken und danach ein sprachloses Anstarren.
Tatsächlich!„Keine Angst!“, beschwichtigt Shakirah leise, damit nicht auch noch die Tochter bangt, die gerade unbeschwert mit den Tieren schmust und spielt. „Ich bin eine Freundin von Don! Don El Artichocke! Wir haben … von dem … Unglück gehört!“ Ja, U n g l ü c k klingt gut … Shakirah war sich nicht gleich sicher, wie man das Kind beim Namen nennen sollte. Aber ja, so geht’s.„Wir wollen helfen!“ Shakirah hatte nur nicht geahnt, dass sie das gleich hier und jetzt in diesem Zeittunnel tun müsste. Der Plan war, dass sie nach ihrer ‚Wahlhelferreise‘ gleich zurückkehrt und in der eigenen Zeit recherchiert, zum Beispiel bei dieser Polizei, die dümmer ist als sie selbst erlaubt … oder wo auch immer Shakirahs Spürsinn gefragt wäre.
Langsam atmet Miyu wieder aus und entsteigt nun auch endlich der Feluke, nachdem sie einen Baumstumpf zum Vertäuen fand. „Don El Artichocke? Lang nicht mehr gesehen!“, lächelt sie nun etwas erleichtert Shakirah an. „Wie geht es ihm?“ Mit gedämpfter Stimme setzt Shakirah der Älteren auseinander, was Don seit einiger Zeit umtreibt … „Don … hat Träume von … Lotta?“ Miyu ist bass erstaunt. Ein merkwürdiger Kauz war er schon immer, erinnert sie sich freundlich an frühere Zeiten mit dem ehemaligen Weggefährten. „Ach, eine Zeitung verlegt er nun? Mit Bugsy Melone? Ja, ja, die kenne ich auch noch. War in Yunas Alter damals …“ Miyu hört interessiert zu, was Shakirah so zu berichten und bereits über ihre Flucht erfahren hat. „Wirbelt bitte keinen Staub auf!“, fleht sie dann aber sacht. „Weckt bitte keine schlafenden Hunde! Das hilft uns doch nicht!“
Shakirah kann Miyus Bedenken gut nachvollziehen, dennoch drängt es sie - und sie ist sich auch sicher, ebenso die anderen in der WiWo-Redaktion - herauszufinden, wie eine Polizei … so dumm sein kann, die Falschen zu bestatten. Nun, sie werden sehen. Erst einmal hört sich Shakirah Miyus weitere Pläne bezüglich einer Farsane als Zwischenstation an und findet in der ehemaligen Rektorin eine recht bedachte Person wieder. Wie Miyu mi ihrer Tochter aber in den Zeittunnel geriet, darüber rätseln beide Frauen eine Weile …
„Ich glaube schon, dass ihr da wieder rauskommt, wenn ihr einfach weitersegelt. Vielleicht hat euch euer Steuermann da rein gerudert und ist vor Entsetzen geflohen als er den Wandel der Zeit bemerkte. Nun irrt er vielleicht für alle Zeiten in der falschen umher.“ Ein leichtes Grinsen bei diesem Vortrag Shakirahs kann Miyu sich nicht verkneifen: „Geschieht ihm recht. Andererseits … ich hätte sonst nicht eine Freundin eines alten Weggefährten getroffen und gerade … hat sich auch … der Wunsch mit der Zeitreise von mir erfüllt, an den ich kurz zuvor dachte …“Mhhhmmmm. Dieser Aspekt gibt beiden zu denken …
„Was, wenn einfach der Gedanke reichte, in der Zeit zu reisen!? Ich glaube das Spionelfchen macht es so ähnlich!“ Bei Miyus fragenden Blick klärt Shakirah darüber auf, wer noch so alles zum WiWo-Verlag gehört. „Interessant!“ Miyu ist sehr beeindruckt. Auch Yuna hat sich nun dem Gespräch zugewandt: „Onkel Don hat eine Zeitung? Hei, das ist ja super! Ich mochte ihn gern. Er war … lustig!“, so ihre frühen kindlichen Erinnerungen an ihn. Bugsy war ihr wie eine ältere Schwester erschienen. Ab und an hatte sich der frühere rothaarige Wuschelkopf als Teen mit dem wesentlich jüngeren Kind abgegeben. „Wie geht’s Bugsy?“, folgt daher Yuna leutselige Frage nach der Reporterin.
Sogleich beißt sich Yuna aber auch erschrocken auf die Lippen. „Dürfen … die beiden denn … und sie …“ Yuna bedeutet ihrer Mum ein leichtes Nicken in Shakirahs Richtung an, „… von uns wissen?“ Zum ersten Mal wankt Miyu in ihrem Plan seit ihrer Flucht … nun, wo sie vernommen hat, dass Don sich Gedanken macht und Bugsy mit Familie Ogbanda in Kontakt steht. Haben Elani, Keito und Asante möglicherweise bereits erfasst, dass Yuna und ich noch am Leben sind …? Sollten wir … umkehren? Shakirah ist nicht auf dem neusten Stand, was das angeht. Funkloch im Zeittunnel! Handys kann man in dieser Zeit vergessen …
Einen Moment verharrt Miyu still in sich gekehrt. Soll sie Yuna Hoffnung machen? Sich selber? Aber könnten Elani oder Keito je Yuna verzeihen … auch …, wenn e r ein Unhold war? Immerhin … … … Abrupt beendet Miyu den Gedanken. Yuna hat den Teil des Gesprächs um Familie Ogbanda zwischen Shakirah und Miyu nicht mitbekommen. Sie würde zusammenbrechen, wenn Keito ihr Gram wegen seines Vaters wäre. Miyu will das gar nicht erst riskieren … „Wir müssen weiter!“, bescheidet sie daher. „Es war schön, dich kennengelernt zu haben, Shakirah. Schöne Grüße an Don und bitte … Ich bitte euch … um Stillschweigen.“
Shakiras Bitte um Kontaktdaten kann Miyu nicht nachkommen: „Wir haben gar kein Handy! Lebe wohl, liebe Shakirah! Sayonara!“ Miyu glaubt nicht, dass sie sich jemals wiedersehen. Sie hat mit nahezu allen Lebenden abgeschlossen. Nur Jack wird am Ende einer der wenigen Außenkontakte von Mutter und Tochter bleiben … Miyu stößt das Boot vom Ufer ab und lässt es wieder auf dem trägen dahinfließenden Gewässer langsam weitertreiben. Bald werden sie das weit verzweigte Flussdelta und das offene Meer erreichen. Miyu hofft, dass die ägyptische Feluke bis Konstantinopel hält.
Bevor sie ans andere Ende der Welt ziehen oder auch erstmal bis Lands End oder dem Finistère - wie es in der Bretagne heißt – soll es noch eine letzte Gastvorstellung geben. Eine größere Gruppe hat sich sogar angesagt … an diesem doch eher einsamen Küstenabschnitt. „Eine Art … Künstlerkolonie! Selber Bretonen!“, erklärt Merlin Gregorius gerade, der sich auf den Auftritt vorbereitet. Der Angesprochene beäugt etwas abgelenkt Tarek, der die letzten aufwirbelnden Herbstblätter aus der Manege fegt. Sie sind noch nicht wirklich weitergekommen, ihn heimlich wegen Lotta auszuquetschen. Irgendwie weicht Tarek immer recht geschickt aus. Vielleicht … sollten sie offensiver werden und ihm offenbaren, dass sie ihn bereits erkannt haben!
Doch noch hält etwas Malecantus zurück. Irgendwie hat er das Gefühl, dass sie sich wie Raubtiere umkreisend gegenseitig taxieren und belauern. Irgendetwas sagt ihm, dass auch Tarek langsam ahnt, dass sie ahnen, dass er ahnt, dass … Ach, was für ein Gedankenkarussell! Unwirsch schüttelt Gregorius den Kopf als wollte er diese Gedankenspiele abschütteln …
Der echte Wanderzirkus-Magier versucht sich zu fokussieren und darauf zu konzentrieren, für die nächste Vorführung wieder ein Scheinbild seiner selbst abzugeben und etwas wie eine Illusion aussehen zu lassen, was in Wirklichkeit keine ist ... Wenn er den Lykoi-Kater in einen Panther verwandelt, dann ist der auch tatsächlich in dem Moment einer.
Die Nachtpantoffel in Kaninchengestalt an des Magiers Füße waren einst etwas unleidige Zirkusbesucher, die er mittels erbaulicher ‚Trickvorführung‘, zu der alles „Ohhh …!“ und „Ahhh …!“ machte, zur Räson brachte. Na gut, dann hat er eben mal einige nicht zurückverwandelt. Und?! Wer will ihn anklagen? Seinen Fußsohlen tut es gut, so schön warm gehalten zu werden und es gab zudem tosenden Beifall, weil keiner schnallte, was wirklich passiert war. Ob Tarek kapiert …, dass es echt ist, wenn Malecantus in der Manege magisch rumwirbelt? Des Magiers Blick wandert wieder zu dem jungen Mann …
Tarek schaut kurz vom Besenschwingen auf und bemerkt das Augenmerk der beiden Männer, dass auf ihn gerichtet ist. Merlins Blickrichtung war der Malecantus‘ gefolgt als der ihm nicht recht zuzuhören schien. „Is‘ was? Hab‘ ich ein Blatt übersehen?“, blafft Tarek die beiden Zirkusleute ziemlich garstig an. Er sollte das nicht tun, ist ihm klar, aber irgendwie … kriegt er seine Laune heute nicht recht in den Griff. Ständig fegen, wischen, putzen … als sei er … der Reinigungsdienst. Ach verdammt, dass ist er hier ja auch! Grmmmpfffffff … Tareks Stimmung wird noch mieser.
Leicht das Haupt schüttelnd wendet Merlin sich wieder ab … W a s fand Lotta bloß an dem …? Na ja, irgendwie haben sich die beiden ja auch getrennt … wohl nicht ohne Grund! Armes Kind … bei so einem Vater!
Merlin assistiert als angehender Zauberlehrling mittlerweile mehr in der Manege. In diesem äußerst Menschenleeren Landstrich hat Malecantus weniger Befürchtungen wie sonst von anderen Präsenzen. Zumindest spürte er keine anderen. Seit einigen Jahrhunderten bereits hält sich der 850jährige Magier sowohl vor Vampiren wie seinesgleichen bedeckt, seit er in Ungnade wegen … einem kleinen Gefallen fiel. Merlin ist der einzige Okkulte in seiner Nähe, den er noch duldet.
„Alles klar soweit?“, nestelt Merlin noch etwas Gregorius Kragen zurecht und wischt ein letztes Staubkorn von dessen Mantel, bevor er ihm einen zarten Kuss auf die Lippen drückt. Malecantus lächelt selig, streicht seinem ‚Lehrling‘ sanft mit einer Hand über die Wange als er ein leichtes Schnauben aus einer Ecke der Manege vernimmt.
Zeigt die ‚Reinigungskraft‘ leichten Neid oder Abneigung ob der Liebkosungen zwischen den beiden? Ganz sicher ist sich Gregorius nicht, was es zu bedeuten hat, dass Tarek leicht angesäuert wirkend aus dem Zelt abdampft. „Verstehst du das?“, wendet sich Malecantus mit gerunzelten Brauen an Merlin. Der zuckt auch nur ratlos mit den Schultern. „Wie müssen mal etwas direkter werden, fürchte ich. Sonst wird das nichts. Ich hab‘ echt keine Ahnung, was den umtreibt. Oder … w a s er hier für ein Spiel treibt!“
Die beiden Magier werden von der sich langsam füllenden Manege abgelenkt. Ganz leicht spürt Malecantus … nicht direkt etwas Okkultes … aber etwas … nah dran. „Merkst du es auch?“, wispert er Merlin zu. „Ja!“, schaut der irritiert auf. „W a s ist das?“ Er muss immer wieder neu durch die Jahrhunderte lernen … wie sich etwas für einen Magier anfühlt, wie sich die Wahrnehmung der Umwelt durch den eigenen okkulten Zustand verändert. „Sixamer!“, raunt Malecantus dem Zauberlehrling zu. „Da drüben. Der da im karierten Hemd. Sind das diese Künstler?“ Gregorius deutet zu einer Gruppe um eine Rothaarige herum hin.
Merlin lässt vorsichtig den Blick schweifen: „Wird das gefährlich für dich? Für uns beide?“ Ein leichtes Lachen des Freundes holt ihn zurück. „Nein, nein!“, beschwichtigt Malecantus lächelnd. „Mit denen hab‘ ich keinen Dissens. Die mischen sich bei den anderen Okkulten kaum ein, halten grundsätzlich gerne ihre Tarnung aufrecht. Ich bin auch noch nicht vielen begegnet. Die suchen erst seit gut achtzig Jahren diese Welt heim. Vielleicht stehen die in Verbindung mit so einer Mutterpflanze, die mal in den Vierzigern des letzten Jahrhunderts auftauchte und das ganze Militär in einer Stadt in Atem hielt. Wie hieß die noch …? Strange … irgendwas!“ Fasziniert hört Merlin zu. Es gibt so viel erneut zu lernen … Er würde auch gerne ewig auf Erden verweilen … so wie Malecantus!
Die beiden Magier beginnen mit der Vorstellung. Der Lykoi-Kater wird zum Panther, ein umherstreunendes rot gestreiftes Kätzchen zum brüllenden Tiger. Malecantus ist sich bewusst, dass dieser Sixamer dort genau weiß, was er tut. Aber …, so schätzt der Magier ein …, E.T. wird schweigen – wie es deren Art eben ist. Er würde sich ja sonst selber enttarnen. Seine ‚Freunde‘ wissen sicher nicht, was er ist! Zufrieden mit seiner Einschätzung entbietet Malecantus entspannt den nächsten Trick. Merlin fügt sich, statt eines Zuschauers in ein Kanin und wieder zurück verwandelt zu werden. Noch ein paar Feuerzauber und einige liebliche Köstlichkeiten für die Damen und Herren wie aus der Luft gezaubert ... Ein wenig in Luft aufgelöst und teleportiert … „Ohhh! Ahhh!“ Beifall klatschen … Die Zirkusleute verbeugen sich zum Ende der Vorstellung.
Überrascht stellt Malecantus fest, dass die Besuchermenge sich nicht einfach zerstreut und das Zelt verlässt. Nein! Dieser Sixamer marschiert geradewegs auf sie zu, mit den Freunden im Schlepptau. „Super Vorstellung, die Herren Magier! Ich hatte ja gar nicht geahnt, dass wir hier auf echte treffen als Erín diese Veranstaltung vorschlug. Jayyden Lexxo!“, stellt sich der Sixamer freundlich vor und deutet auf die Rothaarige neben ihm, die wohl die besagte Erín ist. „H-ä-m …Pfffff, öhm!“, haspelt Malecantus völlig überrumpelt so mir nichts dir nichts vor versammelter Meute verraten zu werden. So sprachlos hat Merlin ihn noch nie erlebt. Vorsichtig beäugen beide Männer den Rest der Truppe, der sich … gar nichts dabei zu denken scheint, dass waschechte Magier vor ihnen stehen. Der als Caíroc vorgestellte grinst nur leicht mit Blick auf diesen Jayyden und meint fröhlich: „Wir sind mittlerweile einiges gewöhnt. War wirklich toll, was ihr beiden vorgestellt habt. Wo ist denn der Panther geblieben?“ Neugierig schauen sich alle Gäste um und sehen den lieblichen Lykoi-Kater um die Ecke biegen. „Da!“, deutet Gregorius ergeben auf das Kätzchen. Scheint ja jetzt eh egal zu sein. Die Gruppe spendet erneut klatschend Beifall für diesen gelungenen waschechten Zaubertrick. Ist ja schließlich auch eine Kunst, Magie zu beherrschen.
Merlin vergewissert sich dennoch, dass Tarek gerade von der ganzen Chose nichts mitbekommt. Wobei er sich fragt, wie lange sie das noch ernsthaft verborgen halten können, wenn man zusammen durch die Lande zieht. Sie haben ihm Merlins Schlafwagen zugewiesen und werden sich Malecantus Waggon auf den Weg nach Übersee teilen. Morgen werden sie bis zur Westküste weiterziehen und sich nach einer Überfahrt umschauen.
Da Tarek nicht in der Nähe zu sein scheint, fragt Merlin nun doch etwas interessiert nach: „Wie ist Sixam denn so?“ Dieser freimütige Künstlertrupp gefällt ihm. Einfach mal kein Versteckspiel und mit ein paar mehr Leuten geschwätzt als die letzten Wochen nach dem allgemeinen Aufbruch … So sehr Merlin Malecantus alleinige Gegenwart genießt … ein bisschen mehr Gesellschaft ist schon schön. Auch Gregorius vermisst schon seit langem, sich einfach mal wieder offen und frei unter vielen Sims zu fühlen. Dieses ewige Vorsehen Müssen war nie sein Ziel, nur eine zwingende Notwendigkeit. Früher hatte er Gesellschaften und Amüsements jeglicher Art zelebriert, bis … er sich verkalkulierte.
„Sixam ist einfach wundervoll!“, schwärmt die Dame namens Prudence gerade allen vor, was Jayyden ein entzückendes Lächeln auf die Lippen und in die Augenwinkel zaubert. Das scheint seine Angebetete zu sein, will es Malecantus scheinen. Und diese Erín scheint mit diesem Caíroc liiert zu sein. Beide senden sich einen leicht verschwörerischen Blick zu und einen wohlwollenden auf das Paar vor ihnen. Die hatten sicher auch ihre Geschichte miteinander …
„Dürfen wir zu einem Umtrunk einladen?“ Merlin vergewissert sich mit kurzem Blick zu Gregorius, dass es ihm auch recht ist, die neue Bekanntschaft etwas auszudehnen. Der Abend wird lang und gemütlich und birgt weitere Überraschungen. So erfahren die Künstler, wohin die Reise der Wandersleute weiter geht und Merlin und Malecantus im Gegenzug, dass in Übersee eine magische Bürgermeisterin Erdnuss nebst ‚zauberhaftem‘ Gatten weilt. „Hinterhältiger Scharlatan?“ Malecantus kramt in seinen Erinnerungen. Ist er dem je begegnet? Diese neuen Freunde werden ja immer interessanter …
Es geht schon auf die frühen Morgenstunden zu und noch immer haben sich alle viel zu erzählen … bei zunehmendem Alkoholspiegel. Erneut wird fröhlich angestoßen … als dann doch noch die etwas traurige Berichte Malecantus und Merlin leicht wieder auf den Boden holen …, warum sie am letzten Standort so eilig ihre Zelte abbrachen … „Alle fort, in alle Winde verstreut … Tot!“, resümiert Merlin gerade resigniert die letzten Ereignisse vor ihrer abrupten Abreise. Erín hörte aufmerksam zu …!
„Ihr kanntet … Miyu Watanabe? Und … eine Lotta … Långstrump?“ Zum zweiten Mal in dieser Nacht fehlen Malecantus die Worte. Auch Merlin guckt die Rothaarige entgeistert an. Kennen sich etwa alle Rotfüchse untereinander? Beide Männer warten stumm und mit leicht wildem Blick auf weitere Erläuterung …, die auch folgt.
„Es wird immer fantastischer!“, raunt Merlin mit recht belegter Stimme in die Runde, nachdem Erín von der alten Bekanntschaft zwischen Don und den Watanabes wie auch Dons Träumen über Lotta Långstrump Kunde gibt. Die frühere Oberrichterin in ihr ist entfacht. „Es ist deine oberste Pflicht, Gregorius, dieser Lotta ihre Erinnerung zurück zu geben! Sonst begehst du schweres Unrecht!“ Jayyden rollt mit den Augen unter dem gestrengen Blick Eríns, der ihn kurz streift. Irgendwie ereilt ihn ein schlimmes Deja Vue, weil er einst Prudence gehörig blitzdingste, was in etwa dem gleichkam, was Malecantus mit seinem Fluch bei Lotta anrichtete.
Pru ganz leutselig räumt nur ein: „Oh ja, das kenne ich. Wie gut, dass es vorbei ist, nicht wahr Jayy!“ Der ‚Beklagte‘ erhält sogar noch einen Wangenkuss von der treuherzigen Liebsten trotz seiner früheren Schandtat. Etwas verlegen senkt der Sixamer Kommandeur den Blick und sieht gerade noch, dass Malecantus sich ähnlich gescholten vor diesem schrecklich prüfenden Blick Eríns windet. Üben die so etwas in der Richterschule? Das arme Sünderlein auf der Anklagebank mit zürnenden Blicken niederzuringen? Muss wohl ein ganzer Studiengang sein, so wirksam wie Erín das zuweilen einzusetzen vermag ... Caíroc grinst dazu nur. Er kennt seine Erín! Das ist auch … ein Stück weit Schauspielkunst! Brauchte er auch früher als Winkeladvokat, wenn sie sich im Gerichtssaal einen filmreifen Schlagabtausch lieferten.
Fast schon am nächsten Morgen werden Nummern ausgetauscht und Versprechen abgerungen, sich ja zu kümmern und in Kontakt zu bleiben. Noch weiß keiner genau, wo Lotta tatsächlich steckt. Merlin und Malecantus planen daher erst einmal, ihre Reise Richtung Finistère fortzusetzen. Der Wilde Westen ruft. Beide Magier sind auf das andere zauberhafte Gespann dort gespannt und scheinbar gibt es ja Interessenten für ihre Vorstellungen, wenn man den Anruf dieser Moema bedenkt. Sie werden sich in Verbindung setzen, sobald sie … drüben sind.
Moema führt sie weiter nordwestlich in die Rocky Mountains. In der offenen Prärie werden sie zu schnell entdeckt. Farsane zittert bei der zunehmenden Kälte in diesen Breitengraden und den höher gelegenen Ebenen. Der Herbst zieht weiter voran, färbt die tiefer liegenden Baumbestände bereits zum Indian Summer. Rötlich gelbe Ahornblättern zieren ihre weitere Route, gehen über in zunehmendes Nadelgrün. Noch weiter oben bestimmen fast ausschließlich Kiefern und Fichtenwälder das Bild der Region. Der Anstieg ist beschwerlich und nicht ganz ungefährlich. Farsane bleibt nichts anderes übrig, als sich gänzlich Moemas Erfahrungen anzuvertrauen.
„Meinst du …, er sucht noch immer nach uns? Ob er … sehr wütend ist, Moema?“ Ein wenig plagt die ehemalige Pflegekraft doch ein wenig das schlechte Gewissen, dass sie Achak, Moemas Enkel, tief in Schlaf versenkt einsam am Lagerfeuer zurückließen. Schließlich ist … oder war ihre Aufgabe doch immer, andere zu hegen und zu pflegen … Ganz so leicht fällt Farsane so ein Schelmenstreich dann doch nicht. Von der betagten Seniorin hingegen ist nur ein etwas abwesendes „Mhmmmm?“ zu hören. Ihre Konzentration ist auf den Aufstieg gerichtet. Sie möchte nicht, dass ein Fehltritt ihrer Rösser sie alle zusammen in die Tiefe reißt. Auf etwas ebenerer Fläche wendet sich Moema dann aber wieder lächelnd Farsane zu. „Mach dir keinen Kopf, meine Liebe! Ich denke, es war an der Zeit, dass Achak sich mal wieder auf die Pirsch begibt. Und da es heute ja nicht mehr wirklich etwas zu bejagen gibt … jagt er eben uns hinterher.“
Perplex wendet Farsane den Kopf: “Ach!“ So hatte sie das ja noch gar nicht betrachtet. Die agile Seniorin trainiert ihre Nachkommenschaft, um in den offenen Weiten zu bestehen? „Mit dem Truck schafft er es aber nicht hier rauf!“, stellt Farsane nüchtern fest, während sie wagt, einen schwindelerregenden Blick tief abwärts ins Tal zu werfen. „Genau!“, schmunzelt Moema recht gelöst und gar kein bisschen grantig. „Er wird sich auch auf vier Hufe schwingen müssen, wenn er uns folgen will! Er braucht mal wieder echte Anforderungen, die ihn körperlich wie geistig fordern! Mutter Natur ruft und erwartet ein Opfer! Das ist er unseren Ahnen schuldig! Sonst wird er noch so ein … Bürohengst!“ Moema lacht wiehernd bei dem Gedanken. „Manitou bewahre uns davor …“
Ist das alles nur ein Katz-und-Maus Spiel? Eine wilde Jagd zwischen den beiden? Farsane kommt ein bisschen ins Grübeln. In was für einen Schlagabtausch der beiden wird sie da reingezogen? Farsane ist ja ganz fasziniert von Moema und ihren gewagten Vorhaben, aber manchmal ist ihr die Seniorin auch zu durchtrieben und … Farsane mag eigentlich … auch deren Enkel! Sie hatte sich immer sehr gefreut, wenn er seine Moema in der Schattigen Pinie besuchen kam und auch mit ihr als Pflegekraft mal ein paar Worte wechselte. Farsane hat keine Ahnung, was Achak von ihr hält … Vor allem, nachdem sie … ihn einfach betäubt zurückließen.
Schon bei dem gemeinsamen Genuss mit Moema von … ein wenig … Peyote hatte er nicht gerade begeistert gewirkt und sie recht gescholten, was sie sich denn als Pflegekraft dabei gedacht hätte … Dabei … hatte doch Moema das Zeug besorgt … und Farsane … nur mitgeraucht … um des lieben Friedens Willens. Hatte ganz schön im Hals gekratzt! „Raucht man auch sonst nicht!“, hatte sich Moema anschließend amüsiert. „Das nächste Mal kriegst einen in Tee!“, hatte sie dann noch weiter gewitzelt.
Mhmmm! Im letzten Tee scheint Farsane tatsächlich was drin gewesen zu sein, so verwegen wie sich die ansonsten eher zurückhaltende junge Frau beim nächsten Fluchtabschnitt zeigte … Jetzt jedoch scheint die Wirkung langsam nachzulassen Und Farsane wird wieder etwas zaghafter: „Ob’s ihm gut geht? Nicht, dass ihm was passierte, während er so … wehrlos da lag!“
Die Granny des scheinbar Wehrlosen grient leicht vor sich hin. Das ist wohl mehr als nur wohlwollend pflegerisches Interesse, was Farsane da zum Ausdruck bringt.
~~~~~~~~~~~
Mit noch leicht benommenem Schädel war Achak erwacht, die Feuerstelle längst am ausglimmen und das Damen Duo schon über alle Berge … Ein dumpfes Grollen entrang sich seiner Brust als sich ihm die ganze Täuschung offenbarte. Er roch am Becher, probierte noch einmal … „Oh, Moema! Und auch du Farsane …!“ Und dann brach er in Gelächter aus. Was ist seine Granny doch für ein Kaliber und diese Farsane … mausert sich, dieses sonst so unscheinbare tollpatschige Ding. Der Jagdgott erwachte … „Bei Manitou! Dann spiel ich mal mit!“
Eigentlich … eine feine Abwechslung zum Alltag, der oft auch nur dröge Forschungsarbeit am PC zuweilen enthält … „Nun denn, lasset die Jagdspiele beginnen!“ Achak rüstet sich und nimmt wieder die Fährte auf. Sorgsam sieht er sich um. Na klar, s i e hat ein Zeichen hinterlassen. Sie will gar nicht vollends verschwinden, aber … es soll eine Herausforderung sein! „Einverstanden, Moema!“, lacht Achak mittlerweile erheitert über diese Schnitzeljagd. „Das ist wohl … meine Prüfung! Ich fordere deinen Skalp … oder zumindest … eine Haarsträhne deiner stahlgrauen Mähne als Trophäe, wenn ich euch erwische und Farsane schuldet mir … mhmmm … einen Kuss!“ Zum Glück kann man mitten in der Prärie und in Geisterkäffern laut vor sich hinplappern, ohne für verrückt gehalten zu werden. Außer Bison und Mustang hört einem ja kaum einer dabei zu. Zufrieden grinst Achak vor sich hin. So langsam … beginnt das Verstecken spielen Spaß zu machen. Der Jäger sammelt seine Sachen ein und macht sich auf den Weg … der Beute hinterher.
About Die Sims Kreative Ecke
Teile Screenshots, Geschichten, Builds, benutzerdefinierte Inhalte, Mods, Herausforderungen, Vorschläge und lustige Momente aus deinen Sims Spielen.311 PostsLatest Activity: 10 days ago