0 Neuanfang … …………………………………………………………………………………………………………………………………………….. Danke für die Erfahrungen und Kenntnisse, die ich im RPG sammeln durfte. Nach einer kurzen rauschhaften Zeit gehen die Geschichten um Lotta und Co. hier in 🌺 HERLAND weiter - ein Stück weit im Crossover mit den 📜 WiWo News. Wer weiß, vllt. mengt sich irgendwann sogar noch ein wenig P. mit rein 😏 …
Hier in HERLAND bitte keine Kommentare. Wenn, dann lieber per PN … oder auch gerne in den WiWo-News (siehe Signatur) oder auf dem Discord Server. Dort ist alles auch als PDF hinterlegt. Zugang zum Discord Server auf Anfrage per PN.
„Was zur Hölle …?!“ Tarek ist schwer geschockt ... Geschockt ist gar kein Ausdruck. Er steht kurz vor einem Herzstillstand. „Ein Piratenschooner? Bist du des Wahnsinns?! Nicht mehr ganz bei Trost?“ Eine gewaltige Schimpfkanonade ergießt sich über Malecantus, der die ganze Aufregung des Wanderarbeiters nicht versteht.
Nun gut, das mag daran liegen, dass Tarek einen Teil der Geschichte Takatukas … ausließ. Den Teil nämlich mit den Piraten und … den von Mae! Mae Meddock! „Verdammt!“
Merlin hält lieber die Klappe, wartet ab, was Gregorius zu diesem Gezeter zu sagen hat. Der krault aber erst mal nur beruhigend dem Lykoi-Kater die kleinen spitzen Ohren: „Hat er dich erschreckt? Böser, böser Bube, hm?!“ Einen kurzen Moment lässt der Magier sich noch Zeit, blickt abermals auf diese doch so prächtig gezimmerte vielversprechende Galeone spanischen Stils. Also so etwas hat mich schon vor dreihundert Jahren wunderbar über die Meere getragen. Was ist daran denn auszusetzen?
„Recht günstig die Überfahrt will ich meinen! Ein Schnäppchen sozusagen hier im Hafen von Brest! Freie Kost und Logis gegen … ein bisschen Schabernack und Hokuspokus. Unser Kapitän wünscht gut unterhalten zu werden während der Überfahrt.“ Mit geschürzten Lippen fixiert Malecantus diesen kleinen Zerberus namens Tarek … Tanuí. „Irgendetwas … was du uns … bisher vorenthalten hast bei deinen Erzählungen?“
Nun blickt auch Merlin den aufgebrachten Tarek mit vor der Brust verschränkten Armen abwartend an: „Willst du … dich nicht lieber erleichtern?“ Die beiden Magier ernten einen missmutigen Blick. „Hielt es bislang nicht für erforderlich …!“ Weiter kommt Tarek nicht, weil da schon ein solcher Halunke von Piraten steht und sie grüßend heranwinkt. Unwillkürlich ist Tarek geneigt, aus alter Gewohnheit nach einem Säbel zu greifen ... Früher haben wir dem anlandenden Piratenpack auf der Insel sofort den Garaus gemacht. Mpffff.
Sie werden überaus freundlich empfangen. „Hereinspaziert, nur hereinspaziert, die Herren. Joost van Houten!“, stellt sich der ehrenwerte ‚Freibeuter‘ freimütig vor. Tarek hält sein Gesicht leicht abgewandt hinter einer Hand verborgen als müsse er über irgendwas nachdenken … Tut er auch. Er fragt sich die ganze Zeit, ob er diesem Exemplar hier schon mal bei einem Gefecht auf Takatuka begegnet sein könnte. Und ob der Mae kannte, die von solch einem Schiff geflohen war, nachdem die Piraten entdeckten, dass sie kein Schiffsjunge war ...
Merlin beobachtet etwas besorgt Tareks Verhalten, während Malecantus sich dem Kapitän widmet, um alle Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Was hat Tarek zum Teufel jetzt schon wieder verheimlicht? „Sehr erfreut, mal wieder eine Galeone …“ Ups! „… zu sehen!“ Beinahe hätte der jahrhundertalte Magier ‚betreten‘ gesagt. Das wird wohl das letzte segelbare Exemplar sein. Sonst sind in dieser Zeit höchsten noch Windjammern aus dem 19. Jahrhundert als Liebhaberobjekte auf den Weltmeeren unterwegs … fällt Gregorius gerade noch zeitig ein. Er sollte nicht unbedacht offenbaren wie alt er wirklich ist. „Das letzte dieser Art sah ich … kürzlich in einem Museum. Schönes Schiff, wirklich prächtig!“, lenkt er galant seinen kleinen Faux-Pas schnell um.
„Oh, kürzlich erst? Wo denn?“, fragt Joost interessiert nach. Vielleicht braucht er mal Ersatzteile … Nicht mehr leicht zu bekommen, in diesen Zeiten. Vertraulich beugt er sich näher … „Ich sag auch nicht, von wem ich die Information habe!“ Tarek könnte fast lachen, wenn es nicht so ernst wäre … Typisch! Gleich mal Beute ausloten … „Ja, äh, wo war das noch, ähm, Merlin?!“ Hilfesuchend wendet sich Malecantus an seinen Gefährten. Wie blöd reite ich mich gerade rein, häh?
„Weit, weit im Landesinneren!“, antwortet Merlin nonchalant dem Piraten in der Hoffnung, dass die Küstenferne das offenkundige Begehren am vermeintlichen Museumsobjekt mindert. „Mhm! Sowas bringen auch nur Landratten zustande. Was soll denn eine Galeone auf dem Trockenen?“ Kopfschüttelnd winkt der Kapitän die Gäste an Bord, schreitet voran aufs nächste Deck.
„Darf ich euch meine holde Gattin Bente vorstellen …!“Sind wir auf dem fliegenden Holländer?, grinst Malecantus innerlich. Ihm war bei den Verhandlungen um ihre Passagen zwar aufgefallen, dass Joosts Sprache eindeutig niederländische Klangfarbe trägt, aber die bezaubernde Bente macht nochmal deutlicher, welcher Art Landsleute er vor sich hat. „Entzückend!“, lässt sich der Magier zu einem galanten Handkuss verleiten. Joost fasst es scheinbar gemütlich auf, beobachtet Merlin.
Langsam lässt die Dame des Schiffes ihren Blick über die drei Neuankömmlinge gleiten und bleibt … an Tarek haften. „Ozeanien?“, hakt sie neugierig angesichts des exotischen Erscheinungsbildes nach. Die Holländer sind auf allen sieben Weltmeeren zuhause und segeln wegen den günstigeren Winden am liebsten in tropischen Gefilden. Tarek fühlt sich leicht überrumpelt. Eine Piratenbraut? Er kannte nur eine … und die … hielt ihr Geschlecht vor den ‚Kumpanen‘ versteckt – im Gegensatz zu dieser wohlgestalteten Dame.
Bente spürt die vorsichtige Zurückhaltung des jungen Mannes …, dringt nicht weiter in ihn ein. Sie hat einfach gern Gäste an Bord. „Herzlich willkommen! Fühlt euch wie daheim. Uns allen wünsche ich eine angenehme Überfahrt …“ Tarek kann das gar nicht ganz einordnen. Bente hat so gar nichts von der derben Sprache einer Mae an sich. Sie scheint sich nicht ständig ihrer Haut erwehren und mit unflätigem Gefluche mithalten zu müssen … Auch Joost scheint nicht von so roher Art zu sein … Gibt es auch … andere Sorten von Freibeutern? War Käpt'n Efraim Långstrump nicht auch einst einer gewesen, bevor er sich auf Takatuka auf die Seite der Insulaner schlug? Und Mae …? Sie hatte doch auch versucht, ihrem Piratendasein zu entkommen …
Und was war ich? Erste Ordnung auf Batuu! Hah! Ich war der Schlimmste von allen …
I c h bin der Pirat!
„Alles in Ordnung?“, fragt Bente sanft den scheinbar in düsteren Gedanken Gefangenen.
Ist alles in Ordnung? Nein! Ich muss erst alles wieder in Ordnung bringen … Zumindest das, was noch möglich ist! Tarek wägt ab, wie offen er sein kann. Sollte er fragen, ob sie … von Takatukas oder Maes Schicksal wissen?
Merlin und Malecantus fragen sich, was das noch geben wird, schauen sich nur verschwörerisch an. Wo hat der Kerl eigentlich keine Feinde? Sie werden sich Tarek später nochmal vorknöpfen und den Rest aus ihm rauspressen, ansonsten dürfen ihre Gastgeber den Geheimniskrämer mal Kielholen …
Obwohl … weiß Merlin so genau, warum sich Malecantus derart verbergen muss, dass er als Scheinbild seiner selbst in einem kleinen Wanderzirkus durch die Lande zieht? Wo gibt es eigentlich keine Geheimnisse …?
„Alles unter Deck verstaut! Also stechen wir heute Abend in See! Segel hissen! Leinen los!“, verkündet Joost lautstark und befehlsgewohnt.
„Dumm di dumm di dumm ?? … “ Fröhlich vor sich hin summend radelt das Spionelfchen durch die goldgelbe bis rötlichbraune Landschaft des Indian Summers – der eigentlich … ein Herbst ist. „Ach, wie schön ist Panama ??…! Ha, ha!“Liegt ganz woanders auf diesem Kontinent. Einfach herrlich, mal so völlig selbstvergessen albern sein zu können, wenn keiner einem über die Schulter blickt … Der gute Redaktionsgeist des Windenburger Wurstblattes, äh, Wochenblattes (heißt ja WiWo und nicht WiWu) sieht der Wiederbegegnung mit der Bürgermeisterin Erdnuss und ihren beiden Scharlatanen gelassen entgegen.
Mal sehen, ob der Hinterhältige den Wink mit dem Zaunpfahl in der vorletzten WiWo-Ausgabe verstanden hatte …Kein Schabernack mit Kakteen, Mausefallen oder Schlangen mehr, mein Lieber!
„Hot Summer, hot, hot summer ???…“ Keine Ahnung, aus welcher Liedzeile d a s noch stammte … Lustig trällert das Spionelfchen weiter vor sich hin … „Ups!“ Der Geist stoppt ganz … entgeistert!
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„Wo sind wir hier eigentlich?“ Farsane wendet sich in alle Richtungen um. Moema hingegen beobachtet vom Rücken ihres Pferdes schon eine Weile eine von Weitem herannahende Figur, eine schemenhafte Gestalt … Auf einem … Fahrrad?! Riders on the Storm ??… Unwillkürlich ist die Seniorin an einen alten Rock-Song ihrer Jugend erinnert, der sich jetzt munter als Ohrwurm festsetzt. Bei Manitu, naht … mein Ende heran? Oder was soll diese geisterhafte Erscheinung bedeuten?
„Wir sind wohl in die ewigen Jagdgründe gelangt …“, gibt Moema nun endlich ihrer Begleiterin eine Antwort. Farsane war Pflegekraft. Sie kennt das, wird es verwinden, wenn ich jetzt gehen muss. Achak ist sicher nicht mehr weit … Moema hofft, dass ihr Enkel sich wohlwollend der mit ihr getürmten ehemaligen Pflegekraft annimmt und Farsane nicht nachher die Schuld gibt … Denn so hat sie es immer gewollt! Die agile Seniorin wollte ihr Lebensende nicht in Räumen eingepfercht abwarten, sondern dass offene Himmelsdach über sich sehen, wenn es so weit ist. Ist es schon so weit?
Eigentlich fühlt sich Moema noch nicht abrufbereit und den großen Geist hatte sie sich ehrlicherweise auch … irgendwie … anders vorgestellt. Mehr so … naja … stammesmäßig halt. Aber Blümchen vor dem Lenker ihr zu Ehren ist ja … auch schon ganz nett.
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Indian Summer mit … waschechten Indianern? Die können sich aber auch sowas von anschleichen …, selbst zu Pferde …, empört sich das Spionelfchen innerlich und steigt lieber erst mal vom Rad ab. „Howgh!“, erhebt sie eine Hand zum Gruß. So hat ihr das zumindest die gute Phillipa Erdnuss als gängige Gepflogenheit unter den Ureinwohnern vermittelt als sie von ihren Reiseabenteuern in der ‚neuen‘ Welt erzählte.
Moemas ansonsten stoische Mine lässt nur das leichte Heben der linken Braue erkennen. Bei Manitou, d a s ist sicher nicht der große Geist! „Hi!“, grüßt Farsane im Namen beider Frauen zurück und fragt dabei mit leicht verwirrter Mine: „Was für Jagdgründe? Jagen wir hier etwas?“Einen Fasan vielleicht? Toll Farsane jagt einen Fasan!
Also, Farsane Lebensaufgabe war eigentlich, zu pflegen und zu hegen und nicht … irgendein Tier zu erlegen. Etwas aufgewühlt umarmt sie ihren sanftmütigen Mustang einen Moment lang innig. Moema hat ihr das zahmere der beiden Reittiere überlassen
Dass vor ihr ein waschechter Geist steht, regt die junge Orientalin dahingegen weniger auf. „Bist du … ein Dschinn? Wie heißt du?“Vielleicht haben wir drei Wünsche frei, aber wo ist die Flasche des Geistes? Vielleicht reicht ja, den Namen zu erfahren ... Flaschengeister sind für die Perserin nichts Ungewöhnliches. Moemas Stirn runzelt sich. Worüber redet Farsane da?
„Öhm, …“, kratzt sich das Spionelfchen am Kopf und betrachtet die junge Frau etwas genauer. Dunkles Haar ja, aber die Züge, mhm … Wohl keine Ureinwohnerin dieses Landstriches. Die ältere hingegen … eher schon. Wie die zu Pferde sitzt. Prärie-Urgestein! „Nun, Spionelfchen nenne ich mich! Weltenbummlerin, Armada-Vorsteherin, Redaktionsgeist und … höchst passable Gourmet-Köchin!“, stellt sich das naseweise Geschöpf mal eben mit vier frisch selbsternannten Titeln vor. Auf dass hier nur ja keine falschen Vorstellung von ‚Wunsch frei‘ oder sonst so ein Zeug bei den beiden Damen aufkommt – höchstens eine lecker zubereitete Speise ihrer Wahl á la carte oder vom Grill …
„Och!“, erwidert Farsane leicht enttäuscht. Gerade hatte sie sich schon ein paar angenehme Träume zurechtgezwirbelt, die der Geist hätte erfüllen können. Einer davon betraf Moemas Enkel, vielleicht auch zwei … Aber wenn nicht …„Ich meinte, angenehm, dich kennenzulernen, lieber Geist!“ Schnell besinnt sich die junge Frau wieder auf ein paar höfliche Gepflogenheiten. „Mich nennt man Farsane. Farsane Fashani! Und das ist Moema Watanola!“, streicht sie sich etwas verlegen eine Strähne hinters Ohr.
Farsane? Farsane Fashani? Das Spionelfchen durchforstet in Eile seine Gehirnwindungen. Mist! Etwa d i e Farsane Fashani, die Jack Watanabe in Persien vermutete? Die mögliche Kontaktadresse für … für ... Dann … dann … Die Gedanken des Geistes geraten vor Schreck ins Stocken.
Was … führt denn einen Geist namens Spionelfchen gerade in diese Gegend? Spionierst du hier … etwa?“, unterbricht Moema des Geistes unergründliches sekündlich wechselndes Minenspiel. Hatte Achak ihnen diesen Geist auf die Fersen gesetzt, um ihnen nachzuspionieren? Der Junge sollte sich doch selber auf die Pirsch begeben! Was bestürzt dieses Gespenst nur so? Dass ich es mittenmang in seinem Tun ertappt habe?
„Schicksal! Ich glaube, dass Schicksal lenkte meine Wege!“ Das Spionelfchen hätte hierum oder darum zum Treffen mit der Bürgermeisterin fahren können. Aber irgendeine höhere Macht namens zufällig gefälliger Zufall – oder die Macht des Schreibens – lenkte des Geistes Schritte oder – in diesem Falle rollende Räder – in die rechte Richtung! {Jawoll, so wird es sein!}
An dieser Stelle muss das Spionelfchen mal die höhere Macht in die Schranken weisen: „Du hast wohl eine Meise! Das glaubt doch kein Schwein … Leg mir nicht so einen Quatsch in den Mund!“, wettert es mit leicht erhobenem Fäustchen dem Firmament entgegen.
{Wieso glaubt man eigentlich immer, höhere Mächte säßen hoch oben im Himmel? Könnten doch genauso gut tief unten … verborgen im Erdreich … oder einfach am Schreibtisch … Ähm, die höhere Macht schreitet mal ein und lässt die gute Moema wieder zum Zuge kommen ...}
Hoh, ist dieser Geist doch mächtiger als gedacht? Moema verengt leicht die Augen. „Mit wem redest du? Mit … Manitou?“, verlangt die wachsame Alte vom Spionelfchen zu wissen. „Oder was soll das Gefasel über Schicksalswege bedeuten?“ Moema steigt langsam aus ihrem Sattel, lässt sich zu Boden gleiten. Wäre eine Friedenspfeife angesagt?„Farsane, sammle doch bitte etwas Feuerholz für uns zusammen. Es ist … Teezeit … glaube ich!“ Mhm, Moema hat noch etwas Peyote im Beutel … Was so ein Geist wohl verträgt?
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Aufmerksam beobachtet Achak auf seinem Braunen aus der Ferne das rätselhafte Treiben der drei Figuren am Lagerfeuer. Friedenspfeife? Kommt der Geist des großen Manitou über Moema? Jetzt? Übermächtige, es ist noch zu früh!, ruft Moemas Enkel flehentlich jedes überirdische höhere Wesen an, das sich vielleicht irgendwie verwenden könnte … So hatte er sich das Ende der Schnitzeljagd mit seiner munteren Großmutter nicht vorgestellt. Gebannt verfolgt der gut Verborgene das Schauspiel dort drüben am flackernden Schein der Flamme … Teetassen? Häh?
Soll er … rüber gehen? Vielleicht stört er aber dann irgendein Zeremoniell? Nur welches? Dieses … kennt Achak als Forscher und Kenner der eigenen Sippen nicht. Achaks Augen richtet sich wieder gen Himmel, ob das übermächtige Wesen irgendein Zeichen sendet …
{Augenblick bitte. Kurz würfeln … Fünf? Nein, liegt auf Kipp! Gilt nicht! Nochmal … Oh, vom Tisch gepurzelt. Ja, ja, gleich! Gleich … kommt dein Zeichen … Drei? Ok, Drei!}
Drei? Irgendwie ist’s als rede Achak mit einer fremden Stimme im Kopf. Was heißt das jetzt?
{Was Drei bedeutet? Was weiß ich! Das musst du schon selber deuten! I c h bin nur Zeichengeberin!}
Los auf Drei? Oder, die drei da am Feuer achtsam im Auge behalten? Oder, drei Wünsche frei? Achak schüttelt energisch den Kopf, um diese nichtssagende Stimme wieder aus dem Schädel zu schleudern. Scheiss auf Zeichen … Gerade will er auf Drei lostürmen, als der Geist sich erhebt! What? Nochmal abwarten, was passiert …
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Das Spionelfchen entfernt sich nach einer Tasse Tee und dieser im Hals kratzenden Pfeife ein wenig küselig vom wärmenden Feuer … So langsam bricht kühlender Abend an. Es ist tatsächlich Jacks Farsane. So ein Elend!„Muss nur mal eben ein paar Nachrichten versenden …“, entschuldigt sich der Geist kurz und entfernt sich ein paar Meter. Das Spionelfchen will sich nicht in die Karten oder besser gesagt auf’s Display gucken lassen. Es sollte ja alles vertraulich bleiben um die ehemalige Rektorin. Schnell tippt das Spionelfchen an Elani, Bugsy, Don wie auch Shakirah ein paar Zeilen:
<< Schlechte Neuigkeiten … Die Adresse von Farsane Fashani in Persien ist … nicht mehr aktuell. Sie steckt hier … in Amerika! Müsst anderen Weg finden … Tut mir leid. >>
Bedauernd steckt der Redaktionsgeist das Handy weg und setzt sich – leicht wankend - wieder zu den beiden Frauen, die vor sich hin sinnend in die knisternden Flammen blicken. Was war bloß in dieser Pfeife drin? Spionelfchen sieht Moemas leicht träge grinsenden Blick. Auch Farsane lächelt so friedvoll vor sich hin. Wahrlich eine Friedenspfeife! Moema hat sich mittlerweile auch überzeugen lassen, dass das Spionelfchen keine geheime Agentin ihres Enkels ist. Also gönnte sich die alte Dame auch ein paar tiefe Züge und einige farbenfrohe Ansichten der Welt um sie herum.
Mhm, vielleicht eine gute Gelegenheit, noch ein paar Fragen zu stellen ... Der Redaktionsgeist ist zumindest noch etwas heller im Kopf als die beiden da … „Jack Watanabe ist also ein alter Bekannter von dir Farsane? Kanntest du … auch seine Frau?“ Lächelnd schüttelt die Angesprochene den Kopf. „Er hatte eine Frau?“
„Sogar ein Kind!“, ergänzt das Spionelfchen. Fast kindlich anmutendes Erstaunen spricht aus den großen Augen, die Farsane nun macht. „Oh …! Ist aber lang her. Damals … in Persien. War dann in Brindleton. Hatte’ne gute Stelle in der Pflege dort … bei der lieben Moema hier!“ Leutselig blicken sich die Ex-Pflegerin und die rüstige Seniorin an. „Bist wirklich eine wunderbare Pflegekraft gewesen. Die beste …“, schmeichelt Moema der jungen Frau. Ja, mit Farsane hatte sie einiges anstellen können, um allzu geruhsamen Leben immer ein Schnippchen schlagen zu können. Die beruflich patente aber sonst etwas unbeholfene schüchterne Farsane ließ sich immer wieder von der Seniorin mitreißen …
„Brindleton?“, horcht das Spionelfchen auf. „Da war doch auch … diese Schule …“
„Ja, ja eine Schule und ein Kindergarten und … ein Tierheim …“, zählt Farsane träge an ihren Fingern die verschiedenen Institutionen auf, als könnte sie ansonsten nicht mehr bis Fünf zählen. „Un‘ ein Wanderschirkusch …“, kichert Moema mitzählend dazwischen. Farsane verzieht etwas nachdenklich die Schnute. „Der war innnnn … Sun Mushuno!“ Die Friedenspfeife wirkt … nachhaltig!
Das Spionelfchen fährt nochmal dazwischen: „Und du kennst nur Jack Watanabe, Farsane? Sonst keine Watanabes? Hattet ihr noch das von der Rektorin der Schule mitbekommen …?“ Abwartend blickt sie die beiden leicht abgeschossenen Frauen an. Es dauert eine Weile, bis Farsane wieder etwas dämmert. „Oh, der Artikel … in scho einem WoWi-Blatt! Oh ja! Oh je! Tragisch, tragisch!“
„Ähm, WiWo-Blatt!“, korrigiert der Redaktionsgeist dieses Verlages erheitert. „Kanntet ihr die Rektorin?“ Farsane wie Moema schütteln den Kopf. Also kennt die Perserin nicht die Verbindung zu Jack! Soll ich sie herstellen? Nein! Wozu?! Nützt dieser Miyu und ihrer Tochter ja gerade nichts!
„Ach Schäck!“, seufzt Farsane gerade in alte Erinnerungen versunken etwas nuschelig vor sich hin. „Gibscht’s du mir seine Nummer? Hier hascht du auch meine … N‘Handy hatt‘isch damalsch noch nischt.“ Etwas fahrig tippt Farsane auf ihrem Mobilphon rum, bis die Nummern endlich ausgetauscht sind. „Isch ruf‘ ihn ma an, der alten Zeiten weschen!“ So langsam sinkt Farsane nach hinten über, bleibt längst gestreckt neben dem Feuer liegen und entschlummert selig.
Moema prostet dem Spionelfchen frech grinsend mit ihrer halbgelehrten Teetasse zu. „Die Magier kommen … Hierher!“ Irritiert blickt das Spionelfchen die alte Dame an. Wo ist die gerade mit ihren Gedanken?„Hierher!“, wiederholt das so niedlich wirkende Großmütterlein, das es aber wohl faustdick hinter den Ohren hat. „Ja, ja, sehr schön!“, pflichtet der Geist beruhigend der Seniorin bei. „Aus Sunshine Muno …!“ Wohlwollend nickt das Spionelfchen auch zu dieser ‚Feststellung‘ der Seniorin freundlich zu. Noch ein paar Minuten lang starrt Moema den Redaktionsgeist an, stellt dann plötzlich die Tasse ab und rollt sich ohne ein weiteres Wort gemütlich in eine Wolldecke zum sofortigen Wegschnorcheln ein.
Ok, Zeit die Bürgermeisterin aufzusuchen … Beschwingt steigt das Spionelfchen wieder aufs beblümte Rad und macht sich leicht schlingernd Kurven fahrend wieder auf den Weg. „Dumm di Dumm?? …“
Achak beobachtet noch ein Weilchen das sich entfernende Gefährt, bis es ihm ausreichend außer Sichtweite erscheint und nähert sich dann langsam auf seinem Mustang den Tiefschläferinnen am Feuer. Was für eine merkwürdige Sache war das hier? Na, die beiden haben mir Morgen aber was zu erzählen und dann … werde ich ihnen so was von die Leviten lesen für ihre Flucht. Rein zu meiner Erbauung …
Moemas Enkel lässt sich aus dem Sattel gleiten, schaut erst nach seiner Großmutter, ob sie gut versorgt ist und dann … nach der lieblichen Farsane. Sanft streicht er ihr die etwas wirren Haare aus dem Gesicht und sucht nach einer weiteren Decke, die er ihr in der kälter werden Nacht fürsorglich überstreift. Achak lässt sich neben der Ex-Pflegerin seiner Moema nieder, betrachtet noch ein Weilchen ihre ruhigen schön geformten Züge, die zarten Lippen … Ich erwarte … Wiedergutmachung, meine Liebe, für all den Schabernack!
In Vorfreude auf den morgigen Tag, wenn er den Lohn dieser ‚Jagd‘ einzustreichen gedenkt, will sich der Jäger gerade neben seine süße Beute betten, als er Farsane im Schlaf leise murmeln hört: „Ruf disch an, Schäck …“
Augenblicklich schnellt Achak wieder hoch. Who the fu… is … Schäck?!
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Nach ein paar hundert Metern dreht sich das Spionelfchen noch einmal um. Ach, d a s ist wohl dieser Enkel, dessen Agentin ich sein sollte … Na, dann sieht ja jemand nach den beiden. Schmunzelnd tritt der Radlerin wieder in die Pedale und trällert fröhlich: „Frau Bürgermeisterin, ich ko-hom-me ???…!“ So ein Geist kann die ganze Nacht durchradeln …
Schon seit dem Vortag dümpelt der Schooner vor sich hin. Verwundert blickt Merlin über die Reling in die ungewöhnlich ruhige Hohe See des Atlantiks. „Wie ist das nur möglich? Kein Wellenschlag! Seit gestern!“ Kapitän van Houten lächelt breit auf diese Frage hin. Diese Landratten … Glauben glatt, so eine Fregatte unter Segel fahre sich wie ein Auto … Immer nur vorwärts. „Das sind die Rossbreiten! Winde aus zwei Richtungen heben sich hier einfach gegenseitig auf. Hält vielleicht zwei, drei Tage. Dann sind wir durch und werden wieder Fahrt aufnehmen!“
Malecantus erlebt das nicht zum ersten Mal. Dösig lässt er sich bei der fast schwülen Hitze in eine Hängematte im Schatten des Rahsegels gleiten. Der Lykoi-Kater springt ihm mitten auf den Bauch gleich hinterher. Was für ein feines Plätzchen für ausgiebige Krauleinheiten. *Prrrrrrrrrr, schnurren Magier wie Kater um die Wette. Merlin ist immer wieder fasziniert, was Katzen bei Gregorius auslösen. Gregorius‘ Zufriedenheit rührt jedoch nicht nur von dem samtig Anthrazitfarbenen Fell zwischen seinen langgliedrigen Fingern her. Nein, der Anruf einer werten Frau Bürgermeisterin Erdnuss tut sein Weiteres dazu …
Erdnuss! Ungewöhnlicher Name! Irgendwie ist diese Dame mit der Moema bekannt, die die beiden Magier ja nach Amerika lotste. Toll, noch kein Werbeplakat aufgehängt und trotzdem rollt schon die Werbetrommel … Auftritt in einem Casino. Viva Las Vegas … Ach, was hasst Malecantus sonst das Plakatkleben. Das hätte er jetzt diesem … Tarek überlassen … Wo ist der Kerl überhaupt? Das leichte Schaukeln der Wellen wiegt Magier wie Kater in sanften Schlummer …
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Diese Windstille …! Tarek genießt es, dieser Enge auf dem Schooner entkommen zu sein. Wie hat Käpt'n Efraim Långstrump das bloß jahrelang ausgehalten, bevor er sich auf Takatuka niederließ? Oder Mae … unter einem Haufen verlumpter Piraten? Dieser Kapitän van Houten und seine bezaubernde Gattin Bente verströmen hingegen regelrecht Wohlgeruch. Bente duftet wie … Zimt, Vanille … Tarek lässt sich mit geschlossenen Augen wohlig eine Weile in Rückenlage von den glitzernden seicht schwappenden Wogen des Meeres tragen.
Gleich noch ein bisschen tauchen, schauen, was das Meer so hergibt … Ein paar Muscheln oder Seenadeln …! Tarek läuft schon das Wasser im Munde zusammen als … ihm plötzlich eine Welle davon in den lächelnden leicht geöffneten Mund schwappt. „Mmmmpffff …“, prustet er los, dreht sich augenblicklich aus der Rückenlage auf den Bauch und wird unvermittelt stark einsetzenden Wellengang gewahr. „Was …?“ Leicht aufgebracht blickt er zum Schiff zurück. Tarek hat kein Tau zur Sicherheit umgelegt … so ruhig wie es war … Der Schooner beginnt schon bedenklich Schlagseite zu entwickeln, Wind drückt in die voll aufgespannten Segel, die versuchten, noch den leisesten Windhauch für etwas Vorwärtstrieb einzufangen. Schreie ertönen auf dem Schiff: „Reffen! Reffen. Verdammt nochmal Beeilung! Segel reffen!“
Er wird auf hoher See allein zurückbleiben, wenn das Schiff plötzlich wieder Fahrt aufnimmt. Panik bricht in Tarek aus, der sich gegen immer höhere Wasserberge behaupten muss. Über sich sieht er ein Unwetter am Firmament aufziehen. Wild blickt er um sich. Wie kann das alles sein? Was … ist das … da … drüben?
„Halt ein! Halt ein!“, schreit Tarek aus Leibeskräften. Verzweifelt versucht er den Wassermann um Gnade anzuflehen, der hinter hochschwappenden Wellengängen immer mal wieder im Sichtfeld auftaucht. Er weiß, er sollte auf dieses Wesen nicht auch noch zuschwimmen, aber Tarek weiß sich keinen anderen Weg als mit kräftigen Zügen zu versuchen, näher ranzukommen und sein Äußerstes zu versuchen, den Wasserneck daran zu hindern, weiterhin Wettergott zu spielen. Sie werden sonst alle untergehen.
Seit alters her wurde auf Takatuka nur hinter vorgehaltener Hand über die ‚Wassergeister‘ gemunkelt. Kaum einer hatte sie je wirklich gesehen. Sie zeigten sich selten und wenn, dann nur wie jetzt, um Schaden anzurichten. So die Legende …
Tarek hat keinerlei Ahnung, ob er überhaupt etwas ausrichten kann. „Bitteeeeeee! Grmmmpffff …“ Schon wieder schluckt er einen Schwall Wasser, geht immer wieder unter in der schon fast Sturmgepeitschten See. Gerade schafft er wieder den Kopf über Wasser zu halten als das Wesen mit einer riesigen Schneckenmuschel an den Lippen innehält, sich umwendet und Tarek entgegenblickt.
Augenblicklich beruhigt sich die See wieder … Die dunklen drohenden Wolken verziehen sich allmählich … Tarek rudert in einiger Entfernung mit den Armen auf der nun wieder fast glatten Wasseroberfläche auf der Stelle. Unergründlich leuchtende Augen mustern ihn über die Distanz hinweg eine Weile, bis der Wassermann scheinbar zu einer Entscheidung gekommen ist. Langsam schwimmt er auf Tarek zu …
„Ich … kenne dich!“ Tarek bleibt fast die Luft weg bei dieser Begrüßung. „Du … kennst mich?“ wiederholt er stupid die Worte des Wassermanns. Nach der Panik vor Ertrinken setzt jetzt Furcht vor Unbekanntem ein. Den Wasserwesen wird allerhand Schabernack und mächtige Manipulationsgabe mit ihren Sirenengesängen nachgesagt … Was passiert jetzt? Noch immer leicht vor Angst gelähmt bringt er den nächsten dummen Satz hervor: „Hi, ich bin … Tarek!“ Du Hohlkopf, er sagte doch, er kenne dich …
„Tarek? Wieso nennst du dich Tarek, … Tanuí? Was soll das?“ Verärgert blick Paka’a den jungen Mann vor sich an. „Willst du mich … in die Irre führen?“ Für Tarek unerwartet bricht der Wassermann plötzlich in Gelächter aus. Was für schnelle Sinneswandel … Tarek kommt nicht ganz hinterher. Wer verwirrt hier wen?
„Du solltest dein Gesicht mal sehen?“ Paka’a ist kurz amüsiert, zieht aber auch gleich wieder im nächsten Moment streng die Augenbrauen zusammen. Er hatte sich all diese Berichte von Don, dessen Nachbarin Erín und Bugsy angehört, diese Bilder von einem Festival auf dem Handy gesehen und … nichts gesagt. Nichts! Sonst hätte er viel zu erklären gehabt. Don möchte Aufklärung? I c h muss erst nachdenken …!
Tja, Paka’a hätte zumindest zu einem Teil beitragen können … Er kennt diesen Insulaner … und diese Rothaarige … Kennen ist zu viel gesagt, aber … sie schwammen und tauchten gern und oft im glitzernden Tropenmeer rund um Takatuka.
Das Meeresvolk beobachtet Insulaner und Küstenbewohner gerne aus der Ferne und zuweilen … wählt auch einer von ihnen ein Teilzeit-Landleben … so wie Paka’a als angehender Meeresbiologe. Sie müssen diesen Landleuten Einhalt gebieten, die Meere – ihren Lebensraum – immer weiter mit ihrem Müll zu verdrecken. Na ja und dann … war da noch Bugsy, die seinen Weg kreuzte und er blieb … immer öfter auf dem Trockenen.
Paka’a war daher nicht dabei gewesen, vor knapp einem Jahr, aber … er weiß von anderen seiner Spezies, was der Kerl, der da jetzt so seicht vor ihm im Wasser treibt als könne er kein Wässerchen trüben, für Unheil auf seinem Eiland anrichtete. Das Meeresvolk hatte einige des Inselvolkes gerettet. Sie hatten sich nie zuvor eingemischt – die Wassermänner und -frauen. Aber dieser eine Überfall war zu gewaltig gewesen … zu überwältigend … Das war kein übliches Piraten-Scharmützel … Das war etwas … völlig anderes, etwas völlig Neues gewesen … Die Meeresleute hatten nicht mehr einfach wegsehen können!
J e t z t ahnt Paka’a, welche Art von Macht da im Spiel war …
„Batuu also!“, stellt Paka’a nüchtern fest und Tarek / Tanuí … wundert sich nur, fragt sich bang, was dieser Wassermann noch so alles weiß und was ihm dafür jetzt und hier möglicherweise blüht. Paka’a hingegen zählte zu guter Letzt zwei und zwei zusammen. Sie hatten alle – einschließlich des Käpt’n – damals nicht begriffen, welche Übermacht die Insel überrannte, bis … Ja, bis Paka’a jetzt all diese Informationen von Don bekam, samt denen der Nachbarin über den Wanderzirkus … aber … selber über sein Wissen schwieg! Denn, des Käpt’ns Tochter hatte er auf den Handybildern sofort wiedererkannt. Lotta war also am Leben geblieben … und scheinbar auch … ihr Kind.
„Kommst du von dem Schiff da drüben?“ Tanuí – immer noch recht erstarrt – nickt nur leicht. „Mhmmm …“, wägt Paka’a ab, während er sein Gegenüber weiter kritisch ins Visier nimmt. Er hatte nicht nur der ‚Trockenheit‘ wegen ins offene Meer gewollt. Nein, ihm geht zu viel durch den Kopf und er möchte sich mit der nächstliegenden Bastion tief unten auf dem Grund des Meeres beraten. Wieviel darf er überhaupt an Don und Bugsy von seinem Wissen zur Sache Lotta und Co. preisgeben, ohne mehr über sein eigenes Volk zu verraten?
Sie hatten ihn ohne großes Nachfragen als Wassermann in der WiWo-Gemeinschaft ganz selbstverständlich aufgenommen. Wahrscheinlich gar nicht so erstaunlich, wenn man bedenkt, wer noch alles zur Riege zählt: Geister, Magier … Und Don … Don ist auch erstaunlich. Ein Gestaltwandler, der zeitweilig sogar Vampir war. Na, zumindest ist seine Geliebte noch einer. Und dann Jayyden … Jayyden Lexxo, dieser Alien … Augenblicklich kehrt wieder etwas Wut über Sixamer Machenschaften in Paka’a zurück, bis er den erschrockenen Blick Tanuís bemerkt, der wohl glauben muss, dass dieser grimmige Ausdruck ihm gilt. Na soll er das ruhig mal denken! Und schon wieder grinst Paka’a verschmitzt. Ängstigt der Inselbursche sich? Oh, soll er nur!
Tanuí zieht es immer mehr den Magen zusammen. Das ist ja wie Katz‘ und Maus, dieses Wechselspiel. Als ließe man die Maus kurz laufen, dann wieder dotz auf den Kopf …, laufen lassen …, dotz, dotz wieder mit der Tatze auf die Rübe und vergnüglich zugeguckt, wie die Maus jedes Mal erneut vergeblich Hoffnung schöpft, noch entkommen zu können …
Je mehr Tanuí dieses Bild vor sich sieht, desto mehr steigt nun seinerseits Groll in ihm empor. Er weiß, dass er keine Chance gegen einen Wassermann beim ‚Wettschwimmen‘ ums eigene Leben hätte … Ich bin keine Maus! Soll er doch machen, was er will! Dann ist das eben mein letztes Stündlein … Wütend schlägt der Ex-Insulaner mit der flachen Hand auf die Wasseroberfläche, dass es nur so spritzt. „Hei, hei!“, wendet sich Paka’a lachend ab. „Warum so wütend? Denkst du nicht, dass andere mehr Grund hätten … als ausgerechnet … du!“ Er blickt in eine finstere Mine.
„Was willst du? Wer bist du?“, bellt Tanuí den momentan amüsierten Wassermann an. „Quatscht nicht so mysteriös drumherum! Was glaubst du denn zu wissen, häh?!“ Paka’as Brauen heben sich erst erstaunt, dann ziehen sie sich erneut wieder zu einem leicht ironischen Grinsen zusammen. Mut hat er ja … „In der Tat!“, erwidert der Wassermann keck. „Was wissen wir schon …“ Wohl nur einer kann das Puzzle vervollständigen … Dieser Tanuí! Der Rat wird vielleicht … Rat wissen, wie überhaupt weiter zu verfahren ist … in dieser Sache und überhaupt … mit dem Landvolk. Und … der Käpt’n sollte e s erfahren …
Unversehens findet sich Tanuí vom Meermann umschlungen in einem innigen Kuss wieder, der … seine Lungen zu durchströmen und zu weiten scheint … Dieser Odem … Minze? … … Tanuí schnappt gerade noch einmal nach Luft als die Lippen sich wieder voneinander lösen und er als nächstes auch schon am Handgelenk gepackt tief hinunter ins Wasser gezogen wird … immer weiter abwärts …
5.6.2. - Weiter abwärts ... tief unten am Grunde …
https://www.youtube.com/watch?v=qvyijUMqp_U
Meine Lungen werden bersten, werden dem Druck nicht standhalten können … Tanuí rauschen bereits die Ohren. Nie zuvor tauchte er in solcher Geschwindigkeit hinab in die Tiefe der See … nie so unermesslich weit hinunter … Immer noch geht es abwärts … weiter und weiter …
Ich m u s s atmen … atmen … darf aber nicht … Er kann nicht mehr anders … , schnappt unwillkürlich nach Luft … Sauerstoff strömt in seine Lungen über den weit geöffneten Mund … Tanuí schließt die Lippen wieder, öffnet sie erneut. Atmet! Atmet erneut … wieder … und wieder …
Verwundert blickt er auf das Wasserwesen halbseits vor ihm, dass ihn immer noch an der Hand abwärts weiter auf den Grund mit sich zieht. Es blickt sich nach ihm um, lächelt ihn mild an und schwimmt weiter voran mit schlängelnden Bewegungen dieses geschmeidigen Fischleibes.
E s … ist wunderschön! E s … gab mir den Atem!
Tanuí wird entspannter, sieht sich um … Der Atlantik ist dunkel in diesen Tiefen. Aber mehr und mehr schweben fluoreszierende Figuren an ihnen vorbei. Fasziniert folgt Tanuí diesem Lichterspiel unzähliger kleiner verschiedenartiger Tentakeln mit den Augen. Die Abwärtsfahrt hat sich verlangsamt, als ließe dieser Meermann ihn gewähren, sich an diesem wundersamen Unterwasserschauspiel zu ergötzen. Sein Handgelenk wird freigegeben … Sogleich treibt er leicht nach oben …
Ruhig schaut Paka’a Tanuís bewundernden und staunenden Blicken ob der ihn umgebenden Meeresflora und -fauna zu. Die sanften Züge, das Entzücken, die Freude über die Schönheit des Meeres … Kann das ein so schlechter Geist sein …? Sacht zupft der Wassermann an Tanuís Fuß, bevor der junge Mann ihm weiter aufwärts abdriftet.
Tanuí bemüht sich nun seinerseits mit nach oben wedelnden Handbewegungen, sich Abtrieb zu verschaffen und auf Gesichtshöhe des Wasserwesens aufzuschließen. „Paka’a! Man nennt mich Paka’a!“, stellt e s sich nun endlich vor und Tanuí kann ihn … hören … Hier tief, tief unterhalb der Wasseroberfläche.
Der Meermann wendet sich wieder ab und erneut dem Grund zu. Diesmal folgt Tanuí aus freien Stücken. Frei wie ein Fisch! So hatte er sich doch immer fühlen wollen … Alles andere wird gerade ganz unwichtig … Paka’a schaut sich immer wieder um, ob Tanuí ihm folgen kann. Geschmeidig! Kann er nur anerkennend feststellen. Der okkulte Meeresbiologe hat vieles um das verlorene Eiland Takatuka wohl neu zu betrachten, zu bedenken … Was passierte dort wirklich? Was war Tanuís Rolle dabei?
Verflucht hatte Paka‘a die Sixamer für seine Entführung … Verdammt haben sie alle diesen Häuptlingssohn, der da so beseelt hinter ihm mitzuhalten versucht … Sixam ist nichts gegen dieses Batuu …
Nie ist etwas wirklich eindeutig, oft nicht klar, wie sich … etwas tatsächlich verhält. Und jeder trägt Geheimnisse mit sich … Paka‘a selber auch. Er hätte das Schiff oben zum Kentern bringen können. Piraten! Sie wären ihm egal gewesen … als Meermann! Aber jetzt weiß er, dass da oben diese beiden Magier auf dem Deck hocken, von denen Dons Nachbarin Erín berichtete … Was hätte ich Bugsy sagen können, was Don und den anderen, wenn ich …?
Was kann er ihnen wirklich von sich erzählen, von seinem Wesen? Jayyden, ein Alien, hat diesen Raum … in Shakiras Keller … Hinterhältiger Scharlatan hat seiner Erdnuss wohl auch nicht alles zum Besten von seiner Geschichte gegeben - trotzdem er ihr die Gabe der Magie verlieh … Und der Redaktionsgeist …? Der ewig gute Santa scheint der einzig Unbescholtene in der okkulten WiWo-Runde zu sein. Er hat aber auch die wenigsten besonderen Kräfte in seinen Händen, hält sich aus nahezu allem raus …
Langsam nähern sie sich einer den meisten Sims unbekannten Bastionen des Meeresvolkes … tief unten am Grund des Atlantiks, während Paka’a eigenen Gedanken nachgeht. Der Käpt’n hätte sich gegrämt, hätte ich die einzige Hoffnung seiner Tochter versenkt, ihre Erinnerung wieder zu finden … Wenn er die ganzen Umstände überhaupt je erfahren würde …, was ich mittlerweile so alles über die Redaktion weiß. Jetzt! Einige Fragen lichten sich so langsam für den Meermann. Manche losen Fäden verknüpfen sich zu einem Bild …
Keiner war dem von der Insel fliehenden Schiff damals gefolgt … Sie hatten alle Hände voll zu tun gehabt mit den ertrinkenden Verwundeten … Keiner des Meeresvolk hatte gewusst, ob Lotta und Kind rettendes Ufer erreicht hatten … Bis jetzt! Aber wieder ist sie verschwunden … Efraim hatte immer gehofft, dass es seiner Tochter und seiner Enkelin gut gehen möge, dass sein Rettungsversuch geglückt sei …
Paka’a gleitet Tanuí voran zwischen glatten engen Felswänden hindurch zu einer sich weitenden Halle voller weiterer Meeresbewohner – human anmutenden wie tierlich possierlichen … Zögerlich bleibt Tanuí hinter seiner Begleitung zurück. Was wird jetzt passieren?
Stumm wird er eine Weile von allen Seiten beäugt, umschwommen, umkreist - hinter, über ihm … Sie sind überall … Dann ein Raunen, ein Whispern … „Wo kommt er her? Wo war er?“ Wissen alle über ihn Bescheid, über seine Taten? Furcht kriecht wieder in Tanuí hoch, drückt ihn nieder … Immer dichter rücken sie … „Der Käpt’n, er muss es erfahren!“Der Käpt’n? Auf dem Schiff? Van Houten?
„Ja, Käpt’n Efraim muss alles erfahren …“, bestätigen weitere Stimmen. Efraim? Kann es sein? Flüssigkeit sammelt sich an Tanuís unteren Lidern, hebt sich seltsam ab von dem ihn umspülenden Meereswassern und wird sogleich wie Bläschen fortgetragen. „Was ist das? Was tut es?“ Finger tippen daran, greifen danach, probieren auf der Zunge …
„Tränen!“, erklärt Paka’a, der dies öfter an Land sah. Meeresbewohner weinen … eigentlich nicht. Eigentlich. Dass er das vermag hat er erst nach längerer Zeit an Land bemerkt. Oft sah er sie bei anderen … Mehr der Flüssigkeit sammelt sich in Tanuís Augen. Er leidet!, geht Paka’a auf. Sanft drängt er die sich um Tanuí windende Menge beiseite. „Er wird uns alles erzählen, was wir wissen wollen … Dann müssen wir entscheiden!“Wissen wollen? Was wissen sie denn noch nicht?, fragt sich der Bedrängte. Zwei Meerfrauen ergreifen rechts und links seine Hände. Wieder wird Tanuí durch Felsspalten wie ein Fisch an der Angel gezogen.
Paka’a und weitere Meermenschen folgen bis zu einer noch größeren, nach oben hin offenen Halle, in deren Mitte sich ein hoher steinerner korallenbewachsener Podest erhebt, denn sie nun entlang aufwärts gleiten bis … vor … ein Tribunal?
Gestrenge Gesichter blicken Tanuí an … Er erinnert sich, wie Mae einst vor den Inselbewohnern stand und flehte, man möge sie … bewahren … Mae! Wieder treten Tränen aus seinen Augenwinkeln hervor. Lotta wird mir Maes Los nie verzeihen können! Tanuís Gesicht verzieht sich vor Schmerz und Trauer. „Seid nicht gnädig mit mir … Ich habe nichts anderes verdient!“, erhebt er fast tonlos zum ersten Mal die Stimme in diesen unterseeischen Gefilden, bereit jedes Urteil zu empfangen. Er sinkt auf die Knie nieder, das Haupt gebeugt.
„Zuerst einmal … berichte uns, was sich eigentlich genau zutrug!“ Die Stimme klingt weicher als Tanuí erwartet hat. Vorsicht blickt er von unten herauf. Danach … werden sie kurzen Prozess mit mir machen, aber … ich will nichts mehr verschweigen ... Ein Moment stockt Tanuí in diesem Gedanken. Auch den Magiern hatte er alles erzählte und … lebt noch! Wurde nicht mal in eine Kröte verwandelt, was er seiner eigenen Ansicht nach verdient hätte. Und doch … hofft ein kleiner Funke … auf ein wenig Vergebung! Erwarten darf er sie nicht!
„Ich … liebte sie … beide! Lotta wie Mae …“ Traurig senkt Tanuí wieder das Gesicht gen Grund, bevor er weitererzählt. „Ich liebte meine Tochter, meine Insel, meinen Vater, mein Volk …!“ Er atmet einmal tief durch. „Und ich liebte es, zu gewinnen, zu bekommen, was ich wollte … Als ich es nicht mehr bekam …“
„Oh, eine Liebesgeschichte …“, hört Tanuí ein raunendes verzücktes Seufzen von oben.
Schön wär’s, aber das wird wohl gleich keiner mehr glauben … Schonungslos beichtet Tanuí sein hinterhältiges Batuuaner Bündnis gegen alles, was er einst wirklich liebte, seine Eifersucht, sein Begehren nach mehr Macht, seinen vorsätzlichen Verrat an Mae … Nichts lässt er aus, entlastet sich in keiner Weise, klagt sich umfassend selber an … „Niemand anderes hatte die Verantwortung für das, was dann zum Schluss passierte. Nur ich allein!“ Niemand antwortet. Tarek kann kaum noch atmen oder hochschauen, erwartet eine Art Todesstoß … Vielleicht die beste Erlösung! Was hatte ich denn geglaubt? Nur weil Merlin und Malecantus mich nicht aufgespießt hatten? Zu schnell hatte er sich wieder in einen Alltag reingefunden, gelacht, gescherzt …
„Du wirst das alles noch einmal wiederholen müssen … vor Käpt'n Efraim Långstrump. Geh‘ nun, Tanuí! Wir erwarten dich, wenn die Westwinde am stärksten wehen … auf der anderen Seite.“
Uff! Tanuí weiß, was das zu bedeuten hat. Das Urteil über ihn ist nur aufgeschoben! Ob er Takatuka hart am Wind westwärts durch den Pazifik segelnd je lebend erreichend wird, ist fraglich. Im Frühjahr also! Vielleicht ist auch genau d a s mein verdientes Schicksal! Und Lottas Vater lebt noch? Tanuí wagt nicht weiter nachzufragen. Ich hab‘ kein Recht dazu …. Ich freue mich … für Lotta, wenn es so wäre … Er wünscht ihr alles Glück der Erde …
Noch bleibt ihm etwas Zeit, die er mit den Magiern durch Amerika ziehen darf …, bevor er zur Westküste des Kontinents und über den Pazifik aufbrechen muss. Und die beiden Zirkusleute? Kehren sie dann nach Europa zurück und suchen nach Lotta? Geben sie ihr die Erinnerung zurück … auch an mich, … wenn ich dann schon nicht mehr sein werde? Gerne hätte ich sie noch einmal gesehen … nur ein einziges Mal noch … Lotta und mein Kind!
Wieder wird Tanuí an der Hand ergriffen. Paka’a entschwebt mit ihm Richtung Oberfläche … Es gibt nichts mehr zu sagen …
Nachdenklich watet Paka’a an den Strand nahe des Wiwo-Hauptquartieres in Windenburg, nachdem sein Fischweif sich kurz zuvor im Niedrigwasser wieder in ein sportliches Beinpaar zurück verwandelte.
Sie hatten noch eine Zeitlang in der unterseeischen Bastion debattiert als er dorthin von der Oberfläche, an der er Tanuí in Nähe des Piratenschooners zurückließ, flugs wieder zurückkehrte. Tanuí hätte ihm nicht noch einmal folgen können. Der nautische Atem, den Paka‘a ihm für den nicht ganz freiwilligen ‚Unterwasserausflug‘ gespendet hatte, war aufgebraucht.
Tarek!Was für ein merkwürdiger Name, den die Batuuaner dem ehemaligen Insulaner gegeben hatten. Tanuís vollständig erscheinendes Geständnis über den extraterrestrischen Überfall auf Takatukas war recht erhellend hinsichtlich der damaligen Begebenheiten gewesen. Auch die gezeigte Reue wirkte aufrichtig auf alle Zuhörer … Dennoch gab es beim Meervolk recht widerstreitende Stimmen, wie mit Tanuí weiter zu verfahren sei - die Paka‘ noch sehr nachgehen …
„Ja, er bereut j e t z t! Aber … das mindert in keiner Weise das Leid der anderen!“
„Er war noch nicht reif genug, zu unerfahren … Habt Mitleid. Er wusste es nicht besser …“
„Dieses Ausmaß … lässt sich nie wieder gut machen. Nicht entschuldigen …“
„Er ist jung an Jahren! Soll er jetzt schon gehen? Er war den Batuuanern nicht gewachsen, ihren Einflüsterungen nicht gefeit … das isoliert aufgewachsene Inselkind …“
„Denkt an die Folgen für die Geschundenen, nicht an das nachträgliche Leiden des Täters für seine Taten!“
„Ja, ihr habt recht! Denken wir an die Opfer, die Leidtragenden. Sie sollen über ihn richten!“
So wurde es dann auch vom Rat beschlossen. Käpt'n Efraim Långstrump und die anderen Überlebenden sollten Gericht über Tanuí halten …, falls er die Prüfung gegen die Westwinde überhaupt überstehen sollte … Das Meervolk könnte … ihn … bei der Überfahrt unterstützen … oder … es lassen! „Wir greifen nicht ein, sollte er kentern!“ Eine höhere Macht würde auch noch ein Wörtchen mitzureden haben, ob Tanuí überhaupt noch Gelegenheit erhielte, demütig Gnade vor seinem ehemaligen Inselvolk zu erflehen.
Paka’a gehört zu den gemäßigten Stimmen im Meeresrat …
Drinnen im Verlagshaus findet Paka’a Don El Artichoke nebst Bugsy und Shakira dicht mit den Köpfen beieinander über einem Tisch mit tausend handschriftlichen Notizen wie auch diversen Laptops gebeugt vor. Handynachrichten werden nebenbei hektisch gescheckt. Eigentlich fast ein normales Bild einer Redaktion, wenn nicht die Anspannung und Dons Übereifer so greifbar in der Luft zu spüren wären. Paka’a neigt sich von hinten leicht zu Bugsies Ohr vor, umfasst ihre schlanke Taille, drückt sich sanft an sie … „Hallo Liebes!“
Etwas aufgeschreckt fährt der Lockenschopf hoch. „Oh, hab dich gar nicht kommen hören!“ Erfreut dreht sich Bugsy weiter zu Paka‘a um, bietet die vollen Lippen zu einem innigen Kuss dar. „Hab‘ dich ganz schön vermisst, die letzten Tage!“ Das hört der Meermann gerne. Klingt aber auch fast so, als hätte sie befürchtet, er käme nicht wieder aus den Weiten des Atlantiks ... Ganz so leutselig ist sie sonst selten.
„Du hast mir auch gefehlt, Bugsy!“Ja, hat sie wirklich! So schön es am Meeresgrund ist … Bugsy ist der hauptsächliche Grund, dass er wieder … ‚auf dem Trockenen‘ sitzt. Lächelnd kuschelt sie sich enger an Paka’a. „Oh, da ist aber jemand liebesbedürftig!“, schmunzelt er vergnügt und schließt Bugsy noch fester in seine Arme. Don und Shakira grinsen sich vorwitzig gegenseitig zu. Ja, ja das junge Volk. „Hi, Paka’a!“ grüßen sie im Chor. Der Meermann hebt nur eine Hand zur Antwort während er gerade noch einmal seine Herzallerliebste formvollendet abknutscht: „Mmmmmmm …“
Der Puggle Fuchs will auch begrüßt werden. „Jauuuuul!“ Irgendwie klingt er immer liebestoller in letzter Zeit. „Ja, ja, ja, Kleiner. Du kommst auch noch dran!“ lachend beugt sich Paka’a zum kleinen rotbraunen Wolfsbruder hinunter. „Japs, Japs, japs!“ Mehr, mehr, mehr … Ein Abschlussklaps aufs kleine pelzige Köpfen und Paka’a wendet sich wieder seiner Bugsy zu. Rummaul! Keiner sieht’s. Warum können Hunde und Füchse keine sichtbare Schnute ziehen? So wie zweibeinige Simse? Mffff, suche ich mir eben … ‘nen anderen Fuchs! Der Puggle-Fuchs trottet wieder von dannen.
„Was macht ihr gerade?“ Neugierig blickt Paka’a auf ein Whiteboard mit großer Weltkarte, einigen Fähnchen und gestrichelten Linien, die in verschiedene Richtungen führen. Soeben ‚pint‘ Don per PC noch ein paar Konterfeis einiger Simse daneben.
An der anderen Wand läuft ein kleiner Televisionär mit der scheinbar in Endlosfolge stetig neu verschleppten Lotta während eines Festivals … „Ich kann wohl ein ziemliches Puzzlestück ergänzen!“
Paka’as Ankündigung schlägt wie eine Bombe ein. „Wie?! Ich denke … du warst …!“, stottert Bugsy verwirrt. „Im Atlantik! Genau! Da war ich!“, ergänzt Paka’a grinsend den angefangenen Satz seines Schatzes. Auch Don und Shakirah halten mitten in der letzten Bewegung inne, stehen wie ein angehaltenes Fernsehbild im Pausen-Modus angewurzelt da. Nur der tatsächliche Film läuft im Hintergrund weiter, Böller krachen immer wieder von vorne los, während eine bewusstlose Lotta von Tanuí weggetragen wird.
Paka’a deutet auf den Bildschirm. „Hab‘ d e n getroffen! Gar nicht so ein schlechter Kerl … wie man meinen möchte!“ Drei Münder öffnen sich weit vor Erstaunen. „Er ist schon auf halbem Wege nach Amerika und trifft dort bald unsere gute Frau Bürgermeisterin Erdnuss.“ Drei Münder klappen wie ein Fischmaul nach dem Luftschnappen wieder zu.
„Du kannst den Landleuten alles über Tanuí erzählen, aber uns, den Rat und die Meeresbastionen lässt du bitte außen vor!“, war die unmissverständliche Weisung an Paka’a gewesen. Leicht muss er in sich hineingrinsen. Unterscheiden sie sich überhaupt von den Sixamern? Wir haben wohl doch mehr gemeinsam. Die beobachten aus der Luft ?? und wir … vom Wasser aus ???♂️. Mit der … Geheimhaltung … halten es doch beide Völker … recht ähnlich.
Entsprächen die beiden okkulten Gruppen damit nicht schon … zweien von vier Elementen? Wer stünde dann für Erde ?? Wer für Feuer ?? Zwei Posten wären noch zu vergeben für … Vampire, Geister und Magier … Und Elfen? Was ist mit … Elfen? Oder … Kobolden? Trolle! Vergesst nicht die Trolle … Wo … bleibt Santa in dieser Art von Ordnung? Ordnung! Tanuí hatte von einer Ersten Ordnung gesprochen, die ziemlich für Unordnung im Universum sorgt! So viel steht auf jeden Fall fest.
Energisch schüttelt Paka’a den Kopf. Fruchtlose Gedanken … Hirnspielereien … Er tritt an das Board heran, tippt mit der Fingerspitze mitten in den Atlantik. „Dort etwa sind sie jetzt. Die zwei Magier und Tanuí!“ Der Insulaner hatte dem Meervolk a l l e s erzählt. Auch dass Batuu wohl noch versuchte, sie weiter zu verfolgen …
Don El Artichocke hatte das Trio noch in der Bretagne verortet, der Schilderung der Nachbarin Erín über den Wanderzirkus zufolge. Es kommt wieder Bewegung in die erstarrten Redaktionsmitglieder. Eilig erweitert Don El Artichocke die Skizze und pflanzt das Herrenterzett mitten in den Atlantik.
„Miyu und ihre Tochter Yuna müssten irgendwo auf dem Weg Richtung Persien stecken. Farsane …“ Nun tippt der Zeitungsverleger nervös mitten auf den Nordamerikanischen Kontinent, „… steckt aber leider … hier! Elani und Asante sind bereits vom Spionelfchen unterrichtet worden und beraten wohl nun, welchen Weg sie jetzt weiter einschlagen sollten. Jack war untröstlich, dass er nicht vorher nachgeprüft hatte, ob seine ehemalige Bekannte noch an der alten Adresse lebt, bevor er sie Miyu an die Hand gab. Wir hatten ein langes Gespräch. Es war schön, nach so vielen Jahren wieder von ihm zu hören.“ Don El Artichocke hatte nun Bericht über den Überfall und Miyus Lage aus erster Hand. Sie würde in der Tat nie wieder zurückkehren können. Nicht mehr aufklärbar - die tatsächlichen Tatumstände. Ihre Tochter Yuna hätte kein leichtes Leben mehr … Auch wenn es ein Unfall war! WiWo würde nie darüber berichten …
„Keiner weiß, wann Miyu an der vermeintlichen Persischen Adresse auftauchen würde und ob sie nicht gegebenenfalls gleich weiterzieht, wenn sich dort nicht findet, wonach sie sucht. Es machte also nicht länger Sinn für Elani und Asante, sich noch dort hin zu begeben.“, führt Don seinen Gedankenganz zu ende. Alle wenden sich dem Vorderen Orient auf der Weltkarte zu, wo des Verlegers Fingerkuppe nun hinwandert …
„Welche Route würde Miyu nach Japan nehmen? Die nördliche oder die südliche Route der Seidenstraße?“ Shakirah ist immer noch fasziniert von der beherzten Frau, deren Weg sie an den Pyramiden von Gizeh kreuzte. Sie hofft sehr, dass Mutter und Tochter es überhaupt heil bis nach Istanbul schaffen und auch aus dem Zeittunnel wieder herausfinden. Bislang gab es noch keinerlei Lebenszeichen, obwohl Miyu Jack von Zeit zu Zeit eines zukommen lassen wollte … Laut äußert Shakirah ihre Bedenken nicht, möchte Dons Elan in der Suche nicht dämpfen. Miyu scheint sehr durchsetzungsfähig zu sein und Yuna einen starken Überlebenswillen zu haben, beruhigt die Redakteurin der WiWo-Nebenstelle in Del Sol Valley ein wenig ihr nicht minder aufgekratztes Gemüt.
Die so nebenhin rausgelassenen Informationen von Kommandeur Jayyden Lexxo über einen weiteren belebten Planeten hatte sie innerlich aufgescheucht. Noch so etwas wie Sixam?Batuu? Shakirah fragt sich immer mal wieder, was für ein Exemplar an Göttergatten ihre liebste Freundin und Mitbewohnerin Pru sich da an Land gezogen hat.
Auch Bugsy ist mit Feuereifer in die Fahndung nach all den vermissten Personen eingetaucht und wendet sich nun aufgeregt ihrem Liebsten zu, um dem die neuesten Erkenntnisse zu entlocken. „Jetzt du, Paka’a! Was hast du von diesem Tanuí zu berichten? Weiß er, wo Lotta steckt?“ Wieder richten sich alle Blicke erwartungsvoll auf den jungen Meermann. „Äh, d a s jetzt nicht. Niemand weiß genau, wohin sie ging.“ Paka’a streicht sich eine Haarsträhne hinters Ohr. „Schweden ist zwar nicht der Atlantik oder der Pazifik, aber groß genug, dass es der Suche einer Nadel im Heuhaufen gliche, wenn man die Region nicht näher eingrenzen kann.“
Lotta war ihnen ja sogar ‚entwischt‘ als sie von Takatuka flüchtete, aber den Umstand erzählt Paka’a in dieser Runde nicht. Das würde etwas zu viel über das Meeresvolk und deren eigenen Machenschaften offenbaren. Unglaublich, dass sie die ganze Zeit bis zur erneuten Flucht nicht allzu weit entfernt von Windenburg in San Myshuno weilte. Hätten sie das gewusst … oder Käpt'n Efraim Långstrump … Jetzt ist sie schon wieder verschollen! Paka’as Augen wandern auf der Karte nach oben. Schweden! Irgendwo in Schwe …
„Ho ho ho!“, tönt es von der Tür. Clemens hat sich bereits selbst eingelassen und Donner und Blitzen gleich mit. Nun erhält Shakirah erst einmal zur Begrüßung Küsse und Umarmungen ihres geliebten Santas. Die gemeinsamen Zwillinge, die Nikoläuse, sind noch in der Schule. „Ist bereits Weihnachten? Oder warum lässt du schon den Feiertagsschlagruf erklingen, my Darlin‘!“, lächelt Shakirah verliebt ihren bärtigen Bär von Weihnachtsmann an. „Noch ist der Winter nicht angebrochen …“ Lang dauert es aber nicht mehr …
Don lächelt seufzend mit und denkt an seine süße Dulcinea. Clemens hingegen grinst Shakirah nur ausgelassen an. „Ist nicht immer Weihnachten? Hab das ganze Jahr zu tun … Donner, Blitzen! Wollt ihr wohl eure Hufen auf der Fußmatte ordentlich abtreten?“ Clemens wendet sich den beiden Rentieren zu, die gerade etwas misstrauisch den Puggle Fuchs beäugen, der um die Ecke geschlichen kommt, um Neuankömmlinge zu begutachten.
Spielen? Jagen? Spielen? Jagen? Wie beim Zeitungs-Entchen anfangs ist sich der Fuchs nicht sicher, ob er dem Jagd- oder dem Spieltrieb folgen sollte. Ach, Ente gut alles gut! Erfreut holt das Rotfell seinen Gummiknochen aus der Ecke, um fangen mit den anderen Vierbeinern zu spielen. Yippiehhh … Ganz geheuer ist Blitzen und Donner dieses spitze Mäulchen mit Knochen zwischen den Beißerchen und getarnt mit einem Teddy-Pelz noch nicht …
Santa dreht sich amüsiert wieder der Menschengruppe zu. Die Tierchen werden sich schon zusammenraufen. Donner und Blitzen können ordentlich auskeilen … sollte es von Nöten sein. „Clemens!“, wird er sofort von Don angesprochen, dem augenscheinlich mal wieder etwas durch den Kopf spukt, was nicht unbedingt Spionelfchen heißt.
Wobei Don durchaus noch die Nachrichten des Redaktionsgeistes aus Amerika verdaut und irgendwie bereits eine Verbindung zu denen von Paka’a ahnt. Kann es wirklich sein, dass es sich … um dieselben Magier … handelt, die … Erín und Jayyden traf?Allmächtige!Grundgütige! Wie klein die Welt doch ist! Als würde sich das alles so ein kleiner dummer Schreiberlehrling an einem wackeligen morschen altertümlichen Sekretär bei flackerndem Kerzenschein im Windzug geradezu aus seinen kleinen stummeligen Wurstfingern und den letzten Resten von Gehirnwindung saugen, um seine dumpfen Eingebungen mit schwarzer öliger Tinte auf ein armes unschuldiges reines weißes Linnen Blatt zu ergießen … So einer und sein Drucker Reuse wären ein ‚herrliches‘ Gespann, ist sich Don sicher. Ein irres Duo dreister Dämlichkeiten, die selbst die dümmste Polizei nicht erlaubt … Äh, hallo Polizei! Wie war das noch mit der dusseligen Brindletoner Polizeistation …? Wer ließ die Falschen bestatten …?
„Was ist denn, Don?“, wird der Verleger wieder ins Hier und Jetzt von Clemens zurück katapultiert. Santa hat ergeben einige Minuten nach dessen Anrufung ausgeharrt ... Er kennt die Versponnenheit seines Gegenübers, aber gähnende fünf Minuten … D a s ist zu lang des Wartens, ob noch irgendetwas nach dem Ausruf ‚Clemens!‘ folgt.
„Ah, ja!“, fasst sich Don augenblicklich wieder und schießt schon auf den nächsten Geistesblitz zu. Diesmal wird Schweden auf der Landkarte beflissentlich mit dem Finger malträtiert. „Duuuuu … lebst doch da irgendwie in der Nähe, Clemens. Am Nordpol … meine ich!“ Wieder wartet Santa eine Weile. Kommt Don irgendwann nochmal auf den Punkt? Glaubt der Verleger, Clemens könne ihm von der Stirn ablesen, wie die vermutlich hinter allem liegende Frage lautet? „Worauf willst du denn nun hinaus, Don?“ Geduldig blickt Santa Don El Artichocke an. Irgendwas Besonderes stünde auf dem Plan, hatte Shakirah ihm nur gesimst und gebeten, in die Haupt-Redaktion zu kommen. Alle Kräfte wären zu bündeln ...
Bevor Don seine Überlegungen weiter anbringen kann, wird Santa in Windeseile auf Stand gebracht und auch Paka’a kann nun endlich von seiner Begegnung berichten. Nach wie vor vermeidet der Wassermann dabei jegliche Schilderung über unterseeische Siedlungen und deren Bewohner. „Besprich dich erst mit den anderen Okkulten … wie sie es halten …, was für Erfahrungen sie haben … Auch wenn die normalen Sims deine Freunde sind. Es ist immer Vorsicht geboten … zu viel unserer Macht, unserer Stärke zu verraten …“ Die Warnungen des Atlantischen Rates tönen noch immer in Paka’a nach. Sie haben wohl recht oder warum tarnen sich auch Sixamer dermaßen? Ein Seitenblick zu Santa …
Clemens schaut nur gemütlich zurück. Genauso wie er Jaydden Lexxos Geheimnis wahrte, wird er auch über Paka’as Art nicht mehr verraten als allgemeinhin jedermann zu wissen glaubt. Santa kennt die Bastionen tief unten am Meeresgrund. Er kommt rum … zu Weihnachten! Nixenkinder lieben Muschelspielzeug, Bernstein … glitzernde Glasperlen … Leicht zwinkert er Paka’a zu.
„Und was soll ich nun bei dem Ganzen tun, Don?“, richtet Clemens nun seine Aufmerksamkeit wieder auf den Verleger. „Guck dich da oben nach einem weiblichen Rotschopf um, bitte!“ Des Weihnachtsmanns buschige Brauen heben sich unwillkürlich bei dieser Bitte. „Nach … e i n e m?!“Hat Don eine Ahnung! „Die sind ‚da oben‘ nicht soooo selten …“, belehrt Clemens den Zeitungsverleger.
Pffft, Rothaarige in Skandinavien … Erst letztens sind da sogar gleich zwei Rotfüchse an diesem Berghang rumgekraxelt, als Santa einen Funkmast anlieferte! Die Haarfarbe der beiden leuchtete auffällig in der grell reflektierenden Morgensonne auf glitzernder weißer Schneedecke ... Die beiden Kerle waren zügig fertig mit dem Einrasten der Vorrichtung, konnte Clemens halbwegs von oben erkennen. Der kleinere Typ war auf die Einfassung geklettert …
Clemens gibt es nicht gerne zu, aber der ganze Geschenkeversandt allein ist nicht das ganze Jahr über Abend- wie Kassenfüllend. Ich hab‘ schließlich Unterhaltszahlungen für zwei Nikoläuse zu leisten. Shakirah glaubt allen Ernstes noch, mein Vermögen käme rein aus der ‚Verpackungsindustrie‘. Ja, jeder hat so seine Geheimnisse. D i e s e s wird Clemens nicht offenbaren. Aber mal so nebenbei … einen Hubschrauber durch die Wolken zu manövrieren ist ebenso ein Mordsspaß wie mit Rentieren vor dem Schlitten durch die Lüfte zu sausen …
„Klar! Ich halt die Augen offen, Don!“Ein rothaariges junges Mädel namens Lotta mit kleinem Kind wird also gesucht …! Yupp, Santa wird sich mal ‚da oben‘ spätestens Heilig Abend näher umsehen, wenn er durch alle Kamine schlüpft. Wie er das in einer Nacht macht, bleibt sein ewiges Berufsgeheimnis.
Don begibt sich wieder zur Weltkarte. „Bugsy!“, deutet er mit dem Zeigefinger in Richtung Japan. „Wann machst du dich auf nach Ostasien?“ Verwundert blickt die junge Reporterin auf. Sie weiß nichts von Reiseplänen. „Bereise ich Asien in nächster Zeit?“
Verschmitzt grinst der Verleger seine junge Kollegin an. „Das ist dein Ressort, Bugsy! Ich will dich in der Nähe haben, sollten Miyu und Yuna je dort ankommen. Wir kennen den Zielort! Die kleine Skihütte im Norden … Vielleicht kommen sie in ein paar Wochen dort an … wohl mitten im Winter …“ Ergeben zuckt die junge Frau mit den Schultern: „Geht klar, Don!“Hab‘ ja nur noch ein Studium nebenbei zu absolvieren ... Ich dachte, i c h könnte hier vor Ort recherchieren …
„Clemens, dein Auftragsgebiet liegt hier!“ Wieder tippeln die Finger hektisch auf Schweden herum. „Paka’a! Nachdem das Spionelfchen und Phillipa die Magier nebst diesem Tanuí in Amerika in Empfang genommen haben, heftest du dich an die Fersen dieses verräterischen Insulaners und lässt ihn nicht mehr aus den Augen. Ich will dich nachher ganz dicht dran haben - auf Takatuka …“ Der Meermann gönnt Don El Artichocke lächelnd die Vorstellung, gerade hier der ganz große Stratege zu sein. Völlig unwichtig, dass der Rat der Meervölker schon längst beschlossen hat, dass Paka’a beizeiten zur Stelle zu sein hat, wenn Tanuí an der Westküste Amerikas in See sticht. Im Übrigen … man hat natürlich die Nummern ausgetauscht.
„Das Spionelfchen und die Bürgermeisterin Erdnuss kümmern sich um die beiden Magier. Das sind genau die richtigen dafür. Wir dürfen nichts dem Zufall überlassen … Das muss ein Ende haben mit Lottas Amnesie. Seht euch doch nur diese Bilder an!“ Immer wieder aufs Neue fassungslos hebt der Verleger diesen unsäglichen Bildern der ohnmächtigen Lotta bebend seine fast zu Fäusten gekrümmten Finger entgegen.
„Ach!“, dreht er sich nochmals zu Clemens um. „Da gibt es noch einen Wolf, der die junge Frau begleitet! Ein eigenartiges Tier …“ Delia! Don erschauert innerlich leicht in Erinnerung an diese geisterhaften Träume vor längerer Zeit … „Schau dir den mal an und sag‘ mir … was du davon hältst.“ Mhm, ein ungewöhnlicher Wolf? In Skandinavien?Bei Odin! Meine Rentiere sind auch nicht ganz von dieser Welt … Santa erhebt sich wieder, kratzt sich leicht den Bart.
„Und was machst … du, Don, … derweil wir alle in der Welt umhergeistern?“, mischt sich nun Bugsy ein. Die Frage dürfte wohl erlaubt sein. Alle sind ganz Ohr. Im letzten Jahr hatte der Verleger hauptsächlich bei den Nachbarn rumgehangen und sich kaum um sein Blatt gekümmert.
„Äh, i c h knöpfe mir mit unserer Nachbarin Erín, der ehrenwerten ehemaligen Oberrichterin, mal ganz dezent diese dusselige, dusselige Brindletoner Polizeistation vor!“ Don El Artichocke freut sich schon richtig drauf. Dösköppe interviewen ist seine Spezialität. Nachbarin Erín wird die ausreichende Rechtskunde zur Sache aus dem Ärmel zaubern, ist sich Don sicher.
„Und ich schaue mich mal ganz unauffällig auf dem Windenburger Friedhof um, studiere die ‚Kirchbücher‘, wenn es denn welche gibt.“, meldet sich Shakirah noch abschließend zu Wort. Sie blickt auf die Uhr: „Zeit für Mittagessen, die Kinder kommen bald von der Schule heim! Begleitest du mich, Clemens?“ Entzückt erhebt sich Santa sogleich. Den Wink mit dem Zaunpfahl hat er sofort verstanden. Die Schule endet nicht vor 15:00 Uhr, aber so etwas wissen diejenigen ohne Kinder hier im Raum nicht. „Ja, lass uns … aufbrechen … Vorkehrungen … treffen.“, zwinkert er seiner Gespielin vergnügt zu. Und schon sind sie samt Donner und Blitzen weg!
„Jaaa, ‘ne Kleinigkeit könnt‘ ich auch vertragen, was ist mit Euch?“ Don fällt auf, dass er kaum einen Happen zum Frühstück hatte. Seit Tagen hat er nur noch Augen für die ganzen Informationen und Nachrichten aus allen Himmelsrichtungen … Er brennt fast wieder wie früher, fällt Bugsy sein neuer Elan auf. „Da ist ‘ne nette Studentenkneipe im Univiertel.“, schlägt Paka’a vor. „Anschließend können wir noch beim Entchen vorbeischauen. Bin gespannt, welche Note seine Ducktorarbeit eingebracht hat. Eine hervorragende Arbeit. Musst du wirklich gelesen haben, Don!“ Der Verleger ist recht beeindruckt. Das Daunentier ist die eifrigste Stud e n t e, die er je erlebt hat. Hungrig macht sich das Trio auf den Weg …
„Ach! Und i c h halte mal wieder die Stellung! Ganz allein!“ Vertriebsqualle Ilsebill schmollt etwas in ihrem Aqua-Büro. „Ohne mich wärt ihr … g a r nichts!“ Laut tackert sie diverse Notizen mit Wumms aufeinander. Tack, tack … „Zack!“ Tack, tack … „Da, noch eine! Zack!“
Drucker Reuse kehrt gerade heim und hört schon von draußen wütendes Getackere. Allmächtige! Schnell verzieht er sich in sein Moderloch im Keller und durch die Nass-Zelle hindurch in das Reich, in das ihm kein Sims folgen kann …
Heimlich schleicht ihm der Puggle Fuchs hinterher!
Sie hatte es schon beim Abstieg gespürt. Der Winter kehrt ein. Hier früher als andernorts. Lotta brüht gerade Kräuter für die letzte Teerunde mit der liebgewonnenen Horde auf. Nun, ein Teil von ihnen … war immer herzlich willkommen.
Takatuka ist noch mit dem Wolf unterwegs, die Gegend weiter erkunden und vor allem die ganzen Neuerungen für den Wintersportort auskundschaften. Lotta hat ein eigenwilliges und starkes Kind. Der Wolf ist ihm ein guter Hüter. Was wieder einmal fehlt ist jedoch halbwegs angemessene Bildung, die Lotta nicht so ganz zu geben vermag. Es wird Takatuka wohl wie ihr selbst einst als Kind ergehen. Sie werden immer eine Art Wildwuchs bleiben, nur bedingt zivilisatorisch anpassungsfähig. Irgendwie hatte sich Lotta einen anderen Weg für ihr Kind erhofft, aber … so ist es ihnen wohl vorherbestimmt. So wie diese ungewöhnlichen Kräfte, die sie von anderen immer unterscheiden werden …
„Autsch!“, flucht Lotta unwillkürlich, als sich versehentlich von dem im Kessel erhitzen Wasser ein paar Spritzer auf ihre Fingerspitzen ergießen. Schnell stellt sie das Kupfergefäß ab und flitzt nach draußen, steckt die verbrannte Hand eilig in den Schnee.
Fließendes Wasser aus einem Hahn wäre … so schön!Die anderen Häuser - die neu erbauten Ferien- und Funktionshütten da drüben haben alle Wasserleitungen … und Strom. Lotta wartet ein Weilchen, bis der Schmerz nachlässt, krümmt ihre Finger im Schnee und formt wie ein kleiner Greifbagger eine handgroße Kugel aus den weißen Flocken, die sie emporhievt und Thorger wie Sven lachend entgegenwirft als die gerade um die Ecke biegen und den kleinen Garten betreten …
„Na warte, du Kobold!“ Sogleich greifen sich die beiden prustend auch eine Ladung Schnee und stürmen gemeinsam auf Lotta zu. Hach, manchmal hat diese junge Mutter doch noch einen enormen infantilen Spieltrieb drauf. Die beiden Bauarbeiter fühlen sich an die eigenen Kinder erinnert, mit denen man rumtollte bis sie erwachsen und selber Eltern wurden … aber nicht so früh wie diese junge Frau. Lotta weiß sich wohl zu wehren, aber zwei sind einer zu viel …
Giggelnd und kichernd landen Sven und Lotta in tiefen Schneewehen. „Sag‘ mal …“, scherzt Thorger, während er weiteren Schnee mit beiden Händen schaufelt, „… warst du da oben nicht ausgelastet genug? Hat Ansgar dich nicht ausreichend rangenommen?“
Augenblicklich ist Lotta ernüchtert. War das so zweideutig gemeint wie es gerade rüberkommt?
„Der Abstieg war jetzt nicht so herausfordernd gewesen. Ansonsten hatten wir … zu arbeiten!“ Der Rotschopf erhebt sich, klopft sich leicht verstimmt den Schnee aus den Kleidern als auch Reuben, Björg und Himani die Pforte öffnen und sich hinzugesellen. „Hej, wird das eine Schneeparty?“, witzelt die zweite Hand des Bauleiters herum, während er dem Kollegen im Schnee aufhilft, gleichzeitig aber auch merkt, dass Lotta scheinbar etwas aufs Gemüt geschlagen ist.
„War doch nicht so gemeint!“ raunt Thorger dem Fuchsköpfchen entschuldigend zu. „Aber, ich meine … ihr wart fast ’ne Woche da oben auf dem Berg und dann … verabschiedet der sich nur so kurz angebunden?! Jeder hat doch gedacht … also … Sag doch auch mal was, Sven!“ Verlegen fährt sich der Bauarbeiter über das Haar und den blonden Kollegen für seine eigene vergurkte Bemerkung an.
Ansgar hatte sich nachgehend zur Gipfelerstürmung wortkarg abseits von den anderen Bauarbeitern gehalten, war Sven aufgefallen. Blake hatte ziemlich gegrinst und sich wohl seinen Teil über die Bergtour von Lotta und Ansgar gedacht. Aber ein durchdringender Blick vom Norweger in seine Richtung und der Fiesling hatte sich sein Feixen schnell wieder aus dem Gesicht gewischt.
Ohne viel Worte stapft Lotta nun allen voran in ihre Hütte. „Tee ist gleich fertig!“, bellt sie etwas genervt hinter sich. Die fünf Mannen schauen sich alle vielsagend an. „Huuuuu, da ist aber jemand angepiekt. Was ist denn los?“, wispert Reuben den anderen vier zu. „E r hat’s wohl voll dumm angestellt! Echt verkackt, sozusagen …“ Sven nickt leicht mit dem Kopf zu seinem nur an diese Herrenrunde gerichteten ‚geistvollen‘ Kommentar über den Norweger. Alle nicken zustimmend zurück. „Bestimmt! Der kann echt ein Holzkopf sein!“, beteuert Himani.
„Mhmm, eigentlich nicht, also … nicht immer!“, widerspricht Reuben nun doch ein wenig. Er hatte öfter das Vergnügen, sich mit Ansgar über Gartentipps auszutauschen. „Jaaaa …“, pflichtet auch Thorger jetzt bei, der zusammen mit Sven und dem Norweger schon mehrere Baueinsätze an verschiedenen Orten hatte. „So ungeschickt ist der sonst auch nicht bei der Damenwelt …“ Alle Köpfe rucken in seine Richtung hoch: „Wieeeeeeee …?“
Doch dann wirbeln alle Köpfe einschließlich Thorgers ruckartig in Richtung Haustür herum. „Kommt ihr jetzt endlich rein, oder was? Tee wird kalt!“, ertönt eine lautstarke Ansage.
Kopfschüttelnd wendet sich Lotta wieder ins Hausinnere. Zerreißen die sich etwa die ganze Zeit das Maul … nur, weil wir zusammen da oben waren …? Hat Ansgar irgendwas Doofes erzählt? Irgendwas Vorgebliches …, um sich vor den Männern zu brüsten? Das sollte doch eine schöne letzte Teerunde werden. Macht das doch nicht mit blödem Gerede kaputt … Leicht niedergeschlagen füllt Lotta schon mal die Teebecher …
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Missmutig stapft Ansgar durch den hohen Schnee, wirft einen Blick zu Lottas Hütte rüber. Sie hat fast alle zum Tee eingeladen … nur mich mal wieder nicht! Dabei war ich … freundlich! Hilfsbereit!!! Anständig!!!!!!! Mpfff! Pfeiff drauf!!!!!!!!!!!!
Letzte Reste vor morgiger Abreise packt der Norweger noch zusammen, während es sich die Kollegen drinnen bei Lotta gut gehen lassen. Komm‘ mir jetzt bloß noch Blake in die Quere und ich pfeffre ihm eine in seine dumme Visage! Der hat sich doch ungeheuer gefreut, dass offensichtlich nichts lief ….
Alle hatten ihn neugierig und erwartungsfroh angeguckt. Dabei ist er nicht mal der Typ, der irgendwem was beweisen wollte oder müsste. Aber irgendwie hatten es doch alle mitbekommen, dass er öfter in Lottas Nähe auftauchte und um sie rumscharwenzelt war. Verflucht! Ich Depp! Nur, weil ich … eben … nett bin – eigentlich! Ich meine … so ’ne Frau … ganz allein … mit Kind … Kind … Kind … Kind! Das letzte Wort hallt bitter in Ansgars Schädel nach.
Genau deswegen lässt sie sich nicht leichtfertig auf was ein … Und genau deswegen sollte ich … nichts … leichtfertig versuchen! Ich sollte weiterziehen wie bisher … Mal da eine, mal dort … Nichts Verbindliches … Nichts … mit Verantwortung! Dumpf knallt der Norweger seine Sachen in den Schnee.
Mist, macht nicht mal ordentlich Krach. Ansgar würde gerne gerade irgendwas scheppernd zerdeppern … Wiesooooo!? Wiesooo rege ich mich überhaupt auf?! Ich ziehe morgen früh weiter und … gut ist! Wie sonst auch!
Ein Kichern ertönt hinter einem Tannenzweig. Für einen Moment erstarrt blickt Ansgar verwundert in die Richtung, aus der das Geräusch stammt. In seinem Brast hatte er niemanden herankommen hören. Etwas Rötliches blitzt durch das Geäst. Langsam setzt sich der Norweger wieder in Bewegung, nähert sich vorsichtig dem immergrünen Gewächs. Foppt mich der kleine Kobold aus dem Knusperhäuschen von da drüben etwa auch noch?
Langsam umrundet Ansgar den Baum und sieht … Takatuka! Was macht die Kleine hier? Vor ihm hockt Lottas Kind im Schnee, daneben der Wolf mit … einem Stiefelchen im Maul. Lotta lässt die Kleine ganz schön selbständig rumlaufen! Das hatte Ansgar schon ein paar Mal verwundert.
Dem Norweger ist aber auch aufgefallen, dass das Kind über mehr Kräfte als gewöhnlich verfügt. So … wie die Mutter. So … wie ich selbst! Von Anfang an hatte er Lotta auch schon aus diesem Grund neugierig beäugt, ohne sich gleich etwas anmerken lassen zu wollen. Den Bergbestieg hatte er ihr auch deswegen schon ohne Weiteres zugetraut.
„Hast du … dein Stiefelchen verloren?“ Ansgar kniet sich mit gerunzelter Stirn zum Kind hinunter, dass scheinbar keinerlei Angst vor ihm hat, obwohl er nie einen freundlichen Blick in dessen Richtung sandte. Nein im Gegenteil. Takatuka grinst ihn geradezu fröhlich an und lacht glucksend: „Schuh weg!“, während sie ihm vertrauensvoll die bestrumpften Zehen entgegen zwackelt.
Der bemühte Wolf hat wohl schon längst aufgegeben, dem Kind wieder was über das Füßchen zu stülpen und gibt bereitwillig seine Beute frei, als Ansgar vorsichtig danach greift.
Er wird von dem Tier sogar auffordernd in die Seite gestupst. Zum ersten Mal muss Ansgar heute einfach lächeln. Na, wenigstens die zwei mögen mich …
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„Lotta wir machen uns nur ein bisschen Sorgen … Wenn wir alle weg sind, Morgen …“
„… komme ich weiterhin gut allein zurecht! Wie bisher auch! Ich schaff‘ das schon!“, beendet Lotta sehr selbstbestimmt Svens Satz. Irgendwie merken alle, dass sie das Thema nicht weiterverfolgen will.
Das sind doch zwei sture Rotkohlköpfe! Sven genehmigt sich etwas verdrossen überschnell einen Schluck aus seiner Teetasse, verbrüht sich fast den Mund dabei: „Umpffff! Mist!“ Irgendwie hatten sie sich das unter den Kollegen alles zu schön ausgemalt: Lotta und Ansgar! Sie wären auf jeden Fall beruhigter abgereist und der Norweger hat doch so viele berufliche Fertigkeiten … Der müsste eigentlich nicht durch die Welt reisen, könnte sesshaft werden, eine Familie gründen … Familie … Familie … Familie …!
Mit der Teetasse in der Hand hält Sven plötzlich inne. Stört ihn vielleicht … ihr Kind? Lotta hat nie … etwas über dessen Vater verlautbaren lassen. Der gutmütige Bauarbeiter schaut nachdenklich zu dem verhaltenen Rotfuchs rüber …
Reuben hingegen versucht mit Themenwechsel die Atmosphäre etwas aufzulockern: „Wie weit bist du mit deinem Garten, Lotta?“ Und die geht sofort freudig drauf ein. „Ich glaub, die Auberginen werden wunderbar und d a s bei dieser Witterung. Ich bin begeistert.“
Lotta gönnt sich noch einen Schluck des heute fruchtig zubereiteten süßen Tees, bevor sie dem Bauleiter ein paar letzte Pflanzgeheimnisse vor der Abreise abzuringen versucht: „Hast du nun eine Idee, wie ich hier Ingwer ziehen kann, Reuben?“
Der Bauleiter guckt Lotta bass erstaunt an. „Ingwer?! Na, da frag‘ wirklich am besten Ansga…“ Warnende Blicke von der Seite. Thorger deutet leicht mit der rechten Handkante eine Hals-ab-Geste an.
Lottas Augenbrauen heben sich …
Alles hält angespannt die Luft an …
Die Tür schlägt unvermittelt speerangelweit auf und …
… herein stürmt Takatuka! „Ansgah Schuh anzieht!“, platzt sie vergnügt in die Runde. Der Wolf spaziert gemütlich neben ihr herein.
Was hatte Ansgar mit meinem Kind zu schaffen? Hoch irritiert blickt Lotta mit geweiteten Augen Richtung Türangel, als erwarte sie, dass als nächstes ein Geist oder der Teufel, von dem man spricht, höchstpersönlich darin erscheine …
Kein Geist oder Teufel war erschienen! Sekundenlang - knapp vor einem Herzstillstand - hatte sie zur offenen Tür gestarrt. Die war aber einfach nur wieder zugeklappt und Lotta kurz und heftig zusammengezuckt. Hat hoffentlich keiner bemerkt! Es war ihr unangenehm gewesen …
„Ähm, ja … sonst noch irgendwelche … Tipps, für meinen Garten … Reuben?“ Scheinbar gleichgültig hatte sie versucht, nach ihrer Teetasse zu greifen und noch gedacht: Mach dich nicht unglücklich!
Machte sie dann aber doch, weil sie leicht fahrig danebengriff. „Ach, wie ungeschickt!“, schalt sie sich selber leicht erbost und zig Hände zeigten sich rasch bemüht, aufzusammeln, aufzuwischen und … aufzumuntern. „Scherben bringen doch Glück!“, die einhellige Meinung der Herren …
Zu guter Letzt wurde es doch noch eine halbwegs frohgemute Teerunde, aber auch ein bisschen eine wehmütige wegen der ganzen Abschiede. „Wir kommen bestimmt im Urlaub zu Besuch!“, versicherten vor allem Sven und Thorger Lotta gegenüber immer wieder … und sich gegenseitig mit versteckten Blicken, den ‚Holzkopf‘ von mundfaulem Norweger noch vor Abreise mal etwas Bescheid zu stoßen …
Lotta hatte sich nach dem Besuch der Horde dann zur Ablenkung wie auch für den inneren Seelenfrieden ein paar Pflanztröge in ihrer kleinen Werkstatt gezimmert – ganz nach Anleitung von Reuben, der die Tipps eigentlich … von Ansgar hatte.
Takatuka liegt nun bereits seit über einer Stunde im Bett, während Lotta den Nachmittag Revue passieren lässt und sich mit ihren noch nicht sehr weit gediehenen Strickkünsten an einem Mützchen für ihre Lütte versucht. Böser Wolf döst nahe bei dem Kind vor dem Kaminfeuer. Wache schiebt er schon lange nicht mehr wie in ihrer früheren Behausung, um Nachtgestalten fernzuhalten. Ach je, hier ist doch auch nichts gefährlich …, lacht Lotta leicht in sich hinein. Was die sich alle für einen Kopf um mich machen …
Es ist schon spät und sie muss so herzhaft wie der Wolf gähnen. Ach ja … Zeit, schlafen zu gehen ….
Ihr Blick fällt zufällig durch die kleine Fensterscheibe nach draußen in die dunkle Nacht, während sie sich langsam entkleidet … … … „Was …?!“
Erschrocken sinkt Lotta augenblicklich zu Boden nieder, duckt sich … Atemstillstand! Heftiger Herzschlag setzt als Nächstes ein … Dumpf pocht es in ihren Ohren. Wer … lauert da draußen? An der Gartenpforte?
Lotta bemüht sich, auf Knien kauernd das lodernde Kaminfeuer hinter sich zu reduzieren, stochert einige der Scheite zur Seite, um den Lichtschein im Raum zu dimmen.
Vorsichtig wagt sie sich wieder vor, linst seitlich hinter dem Vorhang verborgen erneut durch die Scheibe. Tatsächlich! Da steht eine unbewegliche Gestalt! Ich habe mich nicht getäuscht!Die rührt sich nicht, versteckt sich aber auch nicht. Scheint das Haus zu beobachten.
So langsam gewöhnen sich Lottas Augen an das Dunkel der Nacht draußen. Ihre Sinne sind hellwach und geschärft! Es ist nicht Blake, wie sie zuerst befürchtete … Nein! D a s ist … Ansgar! Ihr Puls beruhigt sich bei dieser Feststellung nicht! Ganz und gar nicht. Wenn der Norweger Übles im Sinne hätte … wäre sie geliefert bei seinen Kräften.
Ich brauch‘ … mein ‚Besteck‘! Langsam sinkt Lotta wieder zum Boden zurück, kriecht zu ihrer Truhe voller exotisch anmutender Stoffe und ihrer letzten Garnitur ‚Abstandshalter‘ vor.
Sorgsam wickelt sie einen der Degen aus seinem geölten Leder und robbt fast auf dem Bauch, die Waffe eng an die Brust geschmiegt, zurück zum Bett am Fenster.
Wehe er wagt sich auch nur ein Jota näher. Was will er hier?Hindert jetzt kein Arbeitsvertrag mehr, seinen ‚Lohn‘ für die ganze Hilfsbereitschaft einzufordern? Sie hatte ihn nie um etwas gebeten, für dargebotene Unterstützung aber immer höflich gedankt … Sonst nichts! Sonst nichts! Ich gab niemanden Anlass zu irgendwelchen Hoffnungen … Misstrauisch äugt sie ungesehen nach draußen.
~~~~~~~~~
Was will ich hier? Ansgar verharrt seit einigen Minuten in der dunklen Kälte vor ihrem Haus. Hat sie mich vielleicht schon bemerkt?Da! Eine Bewegung … am Fenster … Huuuu. Scharf zieht Ansgar die Luft zwischen den Zähnen ein.
Oh! Jetzt hat sie mich wohl bemerkt! Zieht sich zurück! Schade! Aber es war wirklich nicht meine Absicht, heimlich zu beobachten. Ich steh‘ ja schließlich offenkundig am Tor … ich Blödmann!
Nun, nachdem Lotta ihn wohl wahrgenommen hat, wartet Ansgar etwas unschlüssig ab, was jetzt passiert! Macht sie auf?Lässt sie mich rein? Er drängt sich ihr sicher nicht auf …
Unangenehm erinnert sich Ansgar an die ‚Lehrstunde‘, die ihm die Kollegen nach Lottas letzter Teerunde angedeihen ließen … „Man, du musst etwas offenkundiger werden!“Nock* Und schon hatte Ansgar sich die erste Kopfnuss eingefangen. „Sag‘ mal, was fällt dir ein!“, hatte er sich wütend Thorger zugewandt, was ihm - Nock* - gleich eine zweite Kopfnuss von der anderen Seite einbrachte, weil Sven sogleich die Gelegenheit der Ablenkung nutzte.
„Schluss jetzt!“, fauchte er nach rechts Sven an und Nock* gab’s wieder was von Links. „Hast‘n Problem mit dem Kind?“
„Quatsch!“, unwirsch schob Ansgar Thorger etwas von sich. Er hätte die beiden älteren Kollegen leicht mit Links ‚einnorden‘ können. Das wussten alle drei, aber irgendwie vertrauten die beiden wohl darauf, dass ihr junger bärenstarker Kollege seine Kraft nicht einfach ausnutzen würde. Deswegen ‚vertrauten‘ sie ihm auch Lotta an.
„D u musst den ersten Schritt machen und die Zähne auseinanderkriegen!“, wies Sven ihn letztendlich freundlich bestimmt an. Lotta macht ihn von sich aus nicht, war Sven sich ziemlich sicher … Warum auch immer!
Und nun steht er Depp hier vor dem Gartenzaun, weil ihm die beiden Kollegen weiß gemacht hatten, das hätte alles schon so seine Richtigkeit … S i e wüsste es nur noch nicht! Leise schilt er sich wieder einen Dummkopf …
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Wieso … schlägt der Wolf nicht an? Irritiert blickt Lotta zum Graupelz hin, der müde vor sich hin blinzelt. Böser schläft nicht mal richtig und reagiert trotzdem … kein bisschen? Wo ist sein Spürsinn von früher hin? Mein guter alter Seismograph, mein unfehlbarer Warnradar für Nachtschattengewächse?
Verwirrt schaut Lotta wieder verdeckt von der Gardine aus dem Fenster … Steht da, angewurzelt wie eine Statue! Glaubt er wirklich, ich öffne ihm einfach die Tür? Ihre Finger fahren bedächtig über die scharfe Klinge ihres auf den Knien ruhenden Fechtgerätes. Ich hab‘ das Training in letzter Zeit vernachlässigt! Muss es wieder aufnehmen! Unverwandt mustern ihre Augen dabei heimlich die dunkle Gestalt draußen in der Kälte, während ihr diese Gedanken durch den Kopf fegen.
Leuchten … seine Augen? In der Dunkelheit? Vorhin hatte Lotta schon einmal diesen Eindruck gehabt, wenn das Mondlicht auf den Norweger fiel. Wie ein Wolf!
Wieder schaut sie zum Tier vor dem Kamin … Kennt … ihr euch? Wenn du doch nur sprechen könntest! Ich würde mehr verstehen, was um mich herum passiert! Böser Wolf bleibt stumm liegen …
Er hat ihr nichts getan und dennoch … bleibt Lotta auf der Hut vor Ansgar!
Sie fröstelt, aber nicht vor Kälte. Lotta kuschelt sich mit mittlerweile doch etwas kleineren Augen etwas tiefer in das Daunenkissen, drückt die kalte Schneide sprungbereit an die Brust. In Gedanken geht sie die letzten Wochen durch, die Begegnungen im Wald, die Bergbesteigung … Ich habe ihn in keiner Weise ermutigt, oder? So wandern die Gedanken eine Weile hin und her, während sich draußen … nichts tut. Zermürbend … Ermüdend …
Mattigkeit legt sich lähmend über sie … Es ist … schon seeeehr spät … Darf nicht einschlafen … Muss wachsam seeeeeiiiiiinnnnn …
Wie ein Klappmesser schnellt Lotta aus der Rückenlage hoch …
Doch sofort zieht sie den Kopf auch wieder ein und vom Fenster zurück. Wo … ist mein ‚Gerät‘? Aufgebracht wühlt Lotta mit beiden Händen in den Laken ihres Bettes … Oh je, fast zwischen Bettkasten und Wand gerutscht. Eilig fingert sie mit rasendem Herzklopfen die schmiedeeiserne Klinge aus dem schmalen Spalt wieder hervor, umpackt fest das Heft des Schwerts und blickt wild nach draußen … … … … …
Niemand! Ihre Augen flirren über die schneebedeckte Landschaft. Die Sonne geht bald auf. Die anderen müssten jetzt fort sein! Ist e r mit ihnen gegangen? Ansgar ist nirgends zu entdecken.
Langsam gleitet Lotta von ihrem Schlaflager herab, zieht sich behände etwas Wärmendes über und schleicht geduckt zur Außentür vor. Ganz Vorsichtig, Zentimeter für Zentimeter, schiebt sie sich zur leicht geöffneten Tür vor. E r könnte dahinter lauern … oder fort sein.
Wieso kriegt der Kerl nicht den Mund auf und sagt, was er eigentlich will? Dann hätten wir es hinter uns! Lotta stockt! Und wieso krieg‘ ich nicht die Zähne auseinander und sage, wenn ich mich bedrängt fühle?
Weil es ihr unheimlich ist, dass Ansgar ihr an Kräften ziemlich überlegen ist … Und … weil er so … schweigsam ist und … so eisig … und … weil … weil … weil …
Verdutzt blickt Lotta sich um. Hier ist niemand mehr! Sie richtet sich halb auf, lässt das schlagbereit in der Hand gehaltene Schwert sinken. Er … ist … fort!
Sie sollte erleichtert sein! Ja, genau! B i n i c h e r l e i c h t e r t! Der winzig kleine Funken Enttäuschung, der da in ihr hoch zu kriechen droht, wird gnadenlos beiseitegeschoben. Sie wagt in d e r Hinsicht nichts mehr! Nicht mal einen minimalen Gedanken …
Lotta erhebt sich gänzlich, legt ihr ‚Besteck‘ sorgsam wohlverpackt zurück in die Truhe. Ich muss nach meinem Kind schauen!Nichts anderes zählt! Mhm, hab‘ ihm vielleicht ein wenig Unrecht getan! Nun ja! Achselzuckend dreht Lotta sich um … Ist Zeit,Frühstück für Takatuka zuzubereiten …
Und dann nachher … der neue Job! Lotta ist schon ganz gespannt. Sie hatte sich ganz allein noch eine weitere Erwerbsmöglichkeit in diesem neuen Wellnessbereich mit heißer Quelle an Land ziehen können. Himmlisch!Die haben fließend Wasser und ich kann dort täglich duschen. Takatuka wird sie auch ab und an dort einschleusen können für ein richtiges Bad der Kleinen. Mhmmmmm …
Sie kann d a s zwar noch nicht richtig, aber … sie sei ein Naturtalent hatte ihr der Manager nach einer Probestunde mit schwedischer Massage versichert … Ihre recht zupackenden und zugleich sanften Hände seien genauuuu goldrichtig dafür …
So! Kind gefüttert, Wolf versorgt! Schade, dass beide wieder auf sich selbst aufpassen müssen. Lotta macht sich auf den Weg zu ihrem ersten Arbeitsplatz für den heutigen Tag.
Hach, der Tag verspricht gut zu werden … mit einem wohltuenden Bad in heißer Quelle zu Mittag!
Hatte er es doch geahnt! Dieser blauhäutige Scharlatan …
Asante hatte es gleich vermutet, dass hinter dieser auffälligen Färbung etwas Verborgenes steckt. Die letzten Tage hatte er ihren Gastgeber immer wieder heimlich beobachtet, die langen Gänge dieses verwinkelten Prunkbaus verdeckt nach weiteren Hinweisen abgesucht …
Seine militärische Ausbildung macht sich mal wieder bezahlt, denn nun … hat Asante d e n Raum entdeckt, der ihm alles über die wahre Gestalt dieses windigen Palastbesitzers offenbart. Dabei geht es dem ehemaligen Militaristen und Sportstudenten nicht einmal allein darum, dessen Geheimnis zu enttarnen! Nein, nein! Asante liebäugelt schon lange … mit allem, was der Verstand nicht ganz greift. Ganz entgegen seiner sonst pragmatischen und logischen Ausrichtung, aber … das ist für manchen Afrikaner auch kein Widerspruch, wenn er … auf dem südlichen Kontinent aufwuchs.
Elani war zu lange weg. Sie hat keinen Sinn mehr dafür ... Asante hat ihr daher nie von seinen ‚Ausflügen‘ in die Welt des Vodoo und anderer schamanischer Versuchungen erzählt. Selbst beim Militär praktizierten es einige …
Mehr noch leckte er Blut im Studium, als er in den Geheimbund eingeweiht wurde … Ach, diese wundervollen Initiationsriten … Leise lacht Asante in sich hinein in Erinnerung an eine recht frivole Studentenzeit … Ähäm!
Asante versucht sich wieder auf die vor ihm liegende Aufgabe zu konzentrieren … Eben hatte er ihren Gastgeber aus diesem Zimmer schlüpfen sehen und einen Blick auf schier unglaubliche Dinge erhascht.
Andere Räume dieser Anlage hingegen fand Asante bei seinen ‚Inspektionen‘ vollgestopft mit unsäglichen Reichtümern und ganz offensichtlichem ... Diebesgut! Asante vermutet schon eine Weile, dass sie sich in einer Räuberhöhle befinden. Auch darüber hatte er bislang Elani und Keito gegenüber geschwiegen, um sie nicht zu beunruhigen. Wer weiß, was Keito daraus machen würde … Asante ist sich zuweilen nicht so sicher, ob nicht irgendwelche Gene von Terence in seinem Neffen zweiten Grades nachwirken. Elani hatte sich schon wirklich einen feinen Partner erwählt … Nein! Das ist ungerecht!, mahnt sich Elanis Cousin. Sie hatte sich nur übertölpeln lassen.
Mitternacht ist schon längst vorbei. Asante lauscht auf weitere Geräusche im Gemäuer, nachdem ‚Blauhaut‘ - wie er den Geheimnisvollen insgeheim nennt – sich verzogen hat. Elani und Keito schlafen schon seit ein paar Stunden. Das Leben im Prunk ist hier recht angenehm, einlullend … Und sie sind im Moment auch ratlos wie es weitergehen soll, nachdem das Spionelfchen ihnen aus Amerika funkte, dass Farsane nicht in Persien, sondern dort bei ihr im Wilden Westen sei.
Mist! Das wirft die ganzen Pläne durcheinander, in nächster Zeit auf Miyu und ihre Tochter Yuna zu treffen! Leise flucht Asante vor sich hin, wirft noch einmal einen Blick nach rechts wie nach links … Alles still!
Wachsam nähert er sich diesem mysteriösen Raum, greift vorsichtig nach dem Türgriff. Unverschlossen?! Langsam drückt er die Klinke nieder und öffnet die Tür einen Spalt weit. Zum Glück kein Quietschen der Scharniere! Er schiebt die Tür weiter auf, schlüpft schnell in die nur leicht erhellte Dunkelheit des Zimmers und schließt sogleich hinter sich zu. Von innen steckt ein Schlüssel.
Will wohl nicht gestört werden bei seinem Treiben … Ich auch nicht!, grinst Asante vor sich hin. Der Mond beleuchtet neben anderen leicht fluoreszierenden Gegenständen leicht sein Antlitz. Einen Moment braucht er, um sich mit den wenigen Lichtquellen im Raum ausreichend orientieren zu können.
Sorgsam untersucht Asante einen Gegenstand nach dem anderen, ohne diese außerordentlich magisch wirkenden Dinge mit den Händen zu berühren. Wieder steigen Erinnerungen an Preity, Yasemine und all die anderen empor … Was sie wohl machen? Immer noch fleißig am Studieren? Erneut schwelgt er in vergangenen Bildern magischer Momente … der einen wie der anderen Art …
Sie hatten ihn in einige Kunstfertigkeiten eingeweiht – seine Kommilitoninnen … in jedweder Weise … Und auch er hatte Einiges … zu bieten, kam nicht mit leeren Händen und ging auch nicht ohne … Nein, er war kein Mönch, auch wenn sie zuweilen Kutten trugen …
Asante verspürt ein leichtes Ziehen von Entzugserscheinungen bei seinen gedanklichen Abschweifungen …
Da legt er doch lieber erneut sein Augenmerk auf diese mythischen Artefakte vor ihm. Asante glaubt unbesehen, dass sie alles an Macht und Magie übersteigen, was er je zuvor erblickte.
Es braucht einen Zauberer, um Lotta von ihrem Fluch zu erlösen. Und es braucht zwei von dieser Art, hatte Asante verstanden. Dieser Wandermagier hat sich doch längst aus dem Staub gemacht, hat seinen Schaden nicht wieder behoben! Ganz geheuer war ihm Malecantus nie gewesen. Asante war ihm aber auch nur einmal begegnet. Merlin war in Ordnung, aber sein merkwürdiger magischer Kumpel mit Vorliebe fürs Stricken … Sein suchender Blick bleibt unvermittelt an etwas haften …
D a s ist vielleicht der Stein der Weisen! D a s könnte vielleicht alle Probleme auf einen Schlag lösen … Fasziniert betrachtet Asante das in einem mit unverständlichen Spruchbändern verzierten kupfernen Globus schwebende und geheimnisvoll glänzende Gebilde. Es gelüstet ihn, danach zu greifen.
Langsam … streckt der Ex-Student die Hand aus ...
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Das entwickelt sich ja prächtig! ‚Blauhaut‘ freut sich mächtig, reibt sich die Hände. Aus sicherer Entfernung beobachtete er wie Asante d e n Raum betrat. Jetzt heißt es nur noch abwarten. Der Tölpel wird nicht widerstehen können …
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